Exerzitien mit P. Pius

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Begegnung im Heiligen Geist

(4. Adventsonntag - Lesejahr C)

 

„Ein Mensch begegnet einem zweiten.

Sie wechseln Förmlich- und Herzlichkeiten,

sie zeigen Wiedersehensglück

und gehen zusammen gar ein Stück.

 

Und während sie die Stadt durchwandern,

sucht einer heimlich von dem andern

mit ungeheurer Hinterlist

herauszubringen, wer er ist.

 

Dass sie sich kennen, das steht fest,

doch äußerst dunkel bleibt der Rest.

Das Wo und Wann, das Wie und Wer,

das wissen alle zwei nicht mehr,

doch sind sie, als sie sich nun trennen,

zu feig, die Wahrheit zu bekennen.

 

Sie freun sich, dass sie sich getroffen;

jedoch im Herzen beide hoffen -

indes sie ihren Abschied segnen -,

einander nie mehr zu begegnen.“

 

 

                                     Eugen Roth

 

 

Unerfreuliche Begegnungen, mühsame, störende, lästige...

Wer kennt sie nicht? Man macht gute Mine zum bösen Spiel.

Man schaut auf die Uhr und hat beim Abschied keine große Lust auf ein Wiedersehen.

 

Gott sei Dank, gibt es nicht nur die negativen Begegnungen, sonder auch die positiven. Vermutlich sind sie sogar in der Überzahl.

Begegnungen, die uns gut tun, Begegnungen, die befreiend sind, Begegnungen, die ermutigen und froh machen.

 

Wie gut tun uns Begegnungen, wo uns Wertschätzung entgegenkommt,

Begegnungen, die von Güte und Vertrauen geprägt sind,

Begegnungen, wo Herzlichkeit und Wärme zu spüren ist!

 

Eine wunderschöne Begegnung, eine wirklich gelungene, eine ganz herzliche, schildert uns das heutige Evangelium:

Die Begegnung von Maria und Elisabeth.

 

Unfassliches ist geschehen an Elisabeth.

Sie, die als unfruchtbar galt, sie, die längst über die Jahre hinaus ist und eigentlich gar kein Kind mehr erwarten kann, sie ist schwanger mit Johannes.

 

Noch Unglaublicheres ist geschehen an Maria.

Was ihr zuteil wurde, ist ganz und gar einmalig, unvergleichlich.

Es ist jenseits aller Vorstellung und Erwartung.

 

Elisabeth spürt das Besondere an Maria, das Geheimnisvolle ihrer Schwangerschaft und bringt es ins Wort:

„Gesegnet bist du mehr als alle anderen Frauen und gesegnet ist die Frucht deines Leibes.“

Und sie begrüßt Maria freudig als „die Mutter meines Herrn“.

 

Elisabeth erkennt nicht nur, dass Maria schwanger ist wie sie selbst, viel mehr noch: sie erfasst im heiligen Geist, wer zu ihr gekommen ist und vor ihr steht: die Mutter des Herrn, die Gottesmutter.

 

Später wird eine Frau bei der Predigt Jesu ganz spontan und voll Freude ausrufen: „Selig der Leib, der dich getragen und die Brust, die dich genährt hat!“

 

Maria trägt das Gotteskind unter ihrem Herzen,

den langersehnten Retter, den „Immanuel“, den „Gott mit uns“.

Gott kommt in die Welt. Gott schenkt uns einen Sohn.

 

Maria ist die Mutter des Erlösers. Sie ist die Gottesgebärerin.

In der Begegnung mit Elisabeth bestätigt sich für Maria, was ihr der Engel gesagt hatte: „Für Gott ist nichts unmöglich.“

 

Aber nicht nur Maria begegnet Elisabeth,

nicht nur zwei werdende Mütter begegnen sich,

auch die Kinder begegnen sich:

Johannes begegnet Jesus, der Vorläufer dem kommenden Messias.

Der Erlöser begegnet seinem Wegbereiter.

 

Auf alten Bildern sind die kleinen Kinder manchmal mit dargestellt.

Süß und fast witzig sind sie gemalt, embryonenhaft im Leib ihrer Mütter.

Und sie zeigen Reaktionen. Aktiv nehmen sie teil an der Begegnung.

Johannes hüpfte vor Freude im Schoß seiner Mutter.

Elisabeth spürt den Freudensprung – und versteht.

 

Heute wissen wir, wie viel ungeborene Kinder mitbekommen und was sie schon alles aufnehmen. Viel mehr als wir denken.

 

Und so zündet es nicht nur zwischen den beiden Frauen bei dieser Begegnung voll Seligkeit und Freude, voll Einklang und tiefem Einverständnis. Es zündet auch bei den Kindern im Mutterleib. Schon hier weist Johannes auf Jesus hin.

 

Und alles geschieht im Heiligen Geist.

Alles geschieht sozusagen im Wirkbereich und Energiefeld des lebendigen Gottes.

 

Elisabeth aber feiert – vom Geist durchbebt – die junge Mirjam.

Sie rühmt ihren Glauben und preist sie selig:

„Selig ist die, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ.“

 

Maria ihrerseits gibt Antwort.

Ihr Herz ist voll Freude, voll Freude über Gott. Die Freude sucht Ausdruck.

Wovon das Herz voll ist, davon läuft der Mund bekanntlich über.

 

Maria ruft ihre Freude hinaus. Sie jubelt und singt.

Sie singt ein Lied, ein Danklied, ein Loblied.

Sie bezeugt Gott als Retter. Sie preist seine Größe und Macht.

Sie preist sein großes Erbarmen und seine unerschöpflichen Treue.

„Gott hat sein Volk besucht und ihm Erlösung geschaffen.“

 

Wirkliche Begegnung, gute Begegnungen, wohltuende, befreiende geschehen dort, wo ein guter Geist herrscht, heiliger Geist.

 

Dann genügt ein Blick, ein Gruß, eine Umarmung, ein gutes Wort und Vertrauen ist da,

tiefes Verstehen, Einklang, Wertschätzung, liebevolles Anteilnehmen.

Dann springt die Freude über und das Herz singt – wie bei Elisabeth und Maria.

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Beide Frauen, sowohl Elisabeth als auch Maria, sind offen für Gottes Absichten und Pläne.

Sie sind offen für Gottes Anruf und Ankunft.

Beide geben ihm Raum in ihrem Leben.

Sie lassen sich von ihm in Dienst nehmen.

Sie nehmen ihn bei sich auf.

Beide glauben und vertrauen.

 

An Weihnachten, liebe Schwestern und Brüder, sucht Gott die Begegnung mit jedem von uns.

Gott will ankommen, auch bei uns, bei Ihnen und bei mir. Er will auch in uns Mensch werden.

 

Wie werde ich ihn empfangen, wie ihm begegnen?

Ob mit dem bereiten Gabentisch auch mein Herz bereit ist?

Ob Gott Raum findet bei mir?

Will ich ihn wirklich hereinlassen, aufnehmen und ihn bei mir wohnen lassen?

Bin ich bereit – wie Maria und Elisabeth –  mein Leben nach ihm auszurichten?

Auf ihn zu hören, seinem Wort zu folgen, seinem Willen Vorfahrt zu geben?

 

Wie werde ich ihn empfangen? Wie ihm begegnen?

Die Begegnung mit Gott wird da gut gelingen, wo ich die Begegnung mit dem Mitmenschen in Freundlichkeit und Liebe wage, das heißt wenn ich auch auf andere offen und bereit zugehe.

 

Die Begegnung mit Gott wird da gut gelingen,

wo einer sich um den anderen annimmt – wie Maria und Elisabeth,

wo einer für den anderen da ist, wo wir im Alltag Geduld haben, verzeihen, die Liebe üben.

 

Jetzt aber, in dieser Stunde, lb. Schwestern und Brüder, begegnet Jesus uns in seinem Wort.

Selig sind wir, wenn wir – wie Maria – glauben können, was der Herr uns sagt!

Und Jesus begegnet uns in dieser Stunde unter den Gestalten von Bot und Wein.

Er kommt zu uns im Mahl der Liebe.

Er schenkt sich uns in heiliger Kommunion.

Welche Freude, welches Glück gehen da von ihm aus!

 

„Ach zieh mit deiner Gnade ein!“

„Wohne in mir, mache mich eins nun mit dir, der mich zum Leben erkoren!“

 

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