Exerzitien mit P. Pius

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Glaubensprobe Abrahams

(2. Fastensonntag - Lesejahr B; Gen 22, 1 - 18)

 

Eine dramatische Erzählung: die Glaubensprobe Abrahams bzw. die Opferung seines Sohnes Isaak.

Nicht nur dramatisch, auch anstößig und abschreckend, irritierend und provozierend.

 

Kann Gott Menschenopfer fordern?

Was für ein Gott ist das, der so was tut?

Kann Gott so grausam sein?

 

Außerdem: welch ein Konflikt für Abraham, eine wahre Zerreißprobe. Auf der einen Seite der Gehorsam gegenüber Gott und auf der andern Seite die Liebe des Vaters zu seinem Sohn, dem einzigen, dazu noch Sohn der Verheißung.

 

Man muss bedenken:

Isaak ist der, auf den Abraham so lange und zunächst vergeblich gewartet hat.

Er ist der Erbe, der alles weiterführen soll. An ihm hängt die Zukunft.

Warum fordert Gott dieses Kind zurück?

Steht Gott nicht mehr zu seinem Wort?

Sind all seine Verheißungen hinfällig?

 

Nicht wahr, liebe Schwestern und Brüder, die Lesung aus dem Buch Genesis mutet uns viel zu. Vielleicht empfinden wir sie sogar als abstoßend und unerträglich.

 

Noch unerträglicher wird die Erzählung, wenn man die Verse, die den langen Weg Abrahams mit Isaak zur Opferstätte beschreiben, nicht wegkürzt und damit die Geschichte entschärft und entstellt, wie es die heutige Sonntagslesung tut, sondern wenn man den Text ganz nimmt, wie es in der Osternacht der Fall ist.

In der Osternacht wird Genesis 22 im Blick auf Jesus gelesen und zu Gehör gebracht.

Schon im frühen Christentum sah man in Isaak, dem einzigen und geliebten Sohn Abrahams, ein Vorausbild für Jesus.

Jesus war bereit, sich nicht nur beinahe opfern zu lassen, sondern er, der einzige und geliebte Sohn des Vaters, wurde wirklich „nicht verschont“, wie es auch die zweite Lesung aus dem Römerbrief zum Ausdruck bringt: „Er (Gott) hat seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern ihn für uns alle hingegeben.“ Aber er hat ihn aus dem Tod, wie wir wissen und glauben, errettet.

 

Auch Isaaks Bezeichnung als „geliebter Sohn“ weist auf Jesus hin, der im heutigen Evangelium von der Verklärung durch die Stimme des Vaters – wie schon bei der Taufe im Jordan – als der „geliebte Sohn“ geoffenbart wird.

 

Bemerkenswert ist auch, dass man bei dieser Erzählung – schon in frühchristlicher Zeit – auch den Glauben Abrahams an die Auferstehung heraushörte.

Im Hebräerbrief heißt es: „Er (Abraham) verließ sich darauf, das Gott sogar die Macht hat, Tote zum Leben zu erwecken. Darum erhielt er Isaak zurück“ (11, 19).

 

Nun, wir kennen alle diese Geschichte. Vielleicht kommen uns auch Bilder aus unserer Kinder- oder Schulbibel in den Sinn.

Die Geschichte geht ja – buchstäblich in letzter Sekunde – noch einmal gut aus.

Umso mehr stellt sich die Frage:

Was soll sie? Was hat sie für einen Sinn?

Und was kann sie uns heute sagen?

 

Zunächst fällt auf: Abraham tut, was Gott von ihm fordert ohne Widerrede. Er diskutiert nicht, protestiert nicht, revoltiert nicht. Kein Aufbegehren, keine Fragen, keine Klagen.

 

Ist das zu verstehen? Ist das denkbar in einer solchen Situation?

Soll Glaube ein blinder, stumpfer Gehorsam gegenüber Gott sein?

 

Ich kenne das anders, von mir selbst, von Menschen in meiner Umgebung, aber auch von den Propheten, von Jeremia z. B., von Hiob und den Psalmenbetern.

Die streiten auch mal mit Gott. Sie hadern und klagen. Da gibt es Notschreie und Hilferufe. Selbst Jesus fragt und ruft in seiner Verlassenheit am Kreuz „warum“.

 

Liebe Schwestern und Brüder,

auch wenn die Bibel nicht berichtet, dass Abraham mit Gott ringt, dass er verzweifelt fragt oder klagt, ich bin überzeugt: die inneren Kämpfe sind auch ihm nicht erspart geblieben.

 

Man kann das daran sehen, dass Abraham sich viel Zeit lässt, den Befehl Gottes auszuführen. In aller Genauigkeit, ja Umständlichkeit bereitet er das Opfer vor. Fast in Zeitlupentempo kann man Abraham bei seinen Vorbereitungen zuschauen.

 

Diese Erzählung ist eine Weggeschichte.

Drei Tage brauchen Abraham und Isaak bis ins Land Morija und auf den Berg.

Drei Tage sind eine lange Zeit. Da kann sich viel ereignen.

Was mag sich in Abraham – und auch in Isaak – in diesen drei Tagen abgespielt haben?

Ich denke, wir können uns gut in Abraham hineinversetzen.

Kennen wir nicht auch Situationen, wo wir – ob wir wollen oder nicht - Liebes hergeben, loslassen müssen und schmerzliche Verluste erleiden?

Kennen wir nicht auch Unglücksfälle, Schicksalsschläge, tragische Ereignisse? Leidvolle Erfahrungen sind wohl keinem von uns fremd, erschütternde Erfahrungen, die einem den Boden unter den Füßen wegziehen, wo alle Sicherheiten zerbrechen, wo man nicht mehr weitersieht, wo alles aus zu sein scheint und sich bedrängend die Frage stellt: Warum und was nun?

Werde ich da an Gottes Treue irre oder vertraue ich ihm auch dann noch und trotz allem?

Das ist die Probe, in die Abraham gestellt ist, eine Glaubensprobe.

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Die Erfahrung dunkler Nächte, die verzweifelte Suche nach Sinn, die Erschütterung bis ins Tiefste, all das sind Erfahrungen, die Glaubende aller Zeiten gemacht haben und aushalten und durchleiden mussten.

Und Sie wissen so gut wie ich, wie lange der Weg sein kann, wie mühsam, und wie schwer die Last!

Und oft braucht es viel Zeit, mit allem fertig zu werden und alles zu verkraften.

 

Es kann z. B. sehr lange dauern, sich mit dem Tod eines geliebten Menschen abzufinden.

Im Buch Hiob heißt es (1, 21):

„Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen…“

Wann werden wir in einer solchen Situation fortfahren können: „Der Name des Herrn sei gepriesen!“

Wird das überhaupt je gelingen?

 

Liebe Mitchristen!

Abraham ist das Urbild des Glaubens. Auf Gottes Geheiß hin verließ er Haus und Heimat, zog in ein fernes Land, einer ungewissen Zukunft entgegen.

Und jetzt, in auswegloser Situation, hört er erneut auf Gott und vertraut ihm ohne Vorbehalt. Abrahams Glaube ist unbedingt.

Und diesen Glauben enttäuscht Gott nicht.

Er ist kein Sadist, der Freude am Leid und der Hilflosigkeit der Menschen hätte.

Er ist kein finsterer Götze, der nach Unterdrückung und Unterwerfung giert.

Er selbst sorgt für Befreiung aus Trübsal, Angst und Not.

Er fällt Abraham in den Arm, schickt den Widder und rettet Isaak.

 

Gott will nicht das Opfer des Sohnes, sondern dass Abraham sich allein an ihn bindet, sich allein auf ihn verlässt. Nichts soll in seinem Leben wichtiger und größer sein als Gott. Darum geht es in dieser Erzählung.

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Gott ist manchmal so unbegreiflich, seine Wege so geheimnisvoll.

Auch dem, der glaubt (siehe Abraham!) – erspart er nicht Unglück und Leid. Es gibt Hindernisse, es gibt Durststrecken, es gibt Auseinandersetzungen, es gibt Zweifel und Unsicherheiten.

 

Es ist wahr: Gott bewahrt nicht vor allem Leid, aber in allem Leid.

Er ist da. Für ihn ist nichts unmöglich. Und nichts kann uns von seiner Liebe trennen.

Und so hoffen und glauben wir, dass selbst unser letzter Weg nicht im Untergang endet und ins Verderben mündet, sondern dass selbst der Tod noch Durchgang ist ins Licht, Tor zum Leben, seliges Hinübergehen und Heimfinden in die Geborgenheit bei Gott.

 

Liebe Mitchristen!

Die Erzählung, die wir heute als Lesung gehört haben, ist schrecklich und tröstlich zugleich.

Jeder von uns kann in eine ähnlich Situation geraten wie Abraham, ähnlich bitter, ähnlich aussichtslos, ähnlich fragwürdig.

Das Leben kann einem übel mitspielen. Es kann hart und grausam sein. Es kostet so manchen Verzicht. Es geht nicht ohne Opfer. Immer wieder ist Loslassen angesagt.

Wie schwer ist das oft! Wie sehr sträuben wir uns immer wieder dagegen?

 

Mit dieser Erzählung sind meines Erachtens zwei Fragenkreise verbunden:

Erstens die Prioritätsfrage:

Was ist das Wichtigste in meinem Leben? Woran hänge ich? Wovon erwarte ich Zukunft und Sinn?

Gibt es irgendetwas, irgendwen, der mir wichtiger ist als Gott? Was hindert mich, von Gott alles zu erwarten und auf ihn bedingungslos zu vertrauen?

 

Zweitens die Vertrauensfrage:

Glaube ich an Gottes Treue – wie Abraham und wie Isaak? Glaube ich, dass Gott Wege der Rettung weiß, wo Menschen keine mehr wissen?

Glaube ich an Gottes Nähe auch in Dunkelheit?

Glaube ich an seine Liebe auch in Unglück, Leid und Not?

Glaube ich, dass es – selbst im Tod – noch Licht und Leben gibt, Leben in der Vollendung bei Gott?

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