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		EVANGELIUM                                                                                                  
		
		Seid wachsam, und 
		haltet euch bereit! 
		
		
		
		37Wie
		es in den Tagen des Noach war, so wird es bei der Ankunft des 
		Menschensohnes sein. 
    38Wie 
		die Menschen in den Tagen vor der Flut aßen und tranken und heirateten, 
		bis zu dem Tag, an dem Noach in die Arche ging, 
		
		
		
		39und 
		nichts ahnten, bis die Flut hereinbrach und alle wegraffte, so wird es 
		auch bei der Ankunft des Menschensohnes sein. 
		
		
		
		40Dann 
		wird von zwei Männern, die auf dem Feld arbeiten, einer mitgenommen und 
		einer zurückgelassen. 
		
		
		
		41Und 
		von zwei Frauen, die mit derselben Mühle mahlen, wird eine mitgenommen 
		und eine zurückgelassen. 
		
		
		
		42Seid 
		also wachsam! Denn ihr wisst nicht, an welchem Tag euer Herr kommt. 
		
		
		
		43Bedenkt: 
		Wenn der Herr des Hauses wüsste, zu welcher Stunde in der Nacht der Dieb 
		kommt, würde er wach bleiben und nicht zulassen, dass man in sein Haus 
		einbricht. 
		
		
		
		44Darum 
		haltet auch ihr euch bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer 
		Stunde, in der ihr es nicht erwartet. 
		  
		  
		Erster Advent, 
		liebe Schwestern und Brüder!  
		Und dann dieses Evangelium! Was für ein Kontrast!  
		  
		Kein Marktplatz mehr ohne Weihnachtsbaum. Kein 
		Schaufenster ohne Sterne, Kerzen, Engel oder Weihnachtsmänner. 
		Kein Kaufhaus ohne stimmungsmachende Weihnachtslieder. 
		Keine größere Stadt ohne Weihnachtsmarkt. 
		Keine Firma und kein Betrieb ohne Weihnachtsfeier. 
		  
		Und dann ist ja da auch noch 
		– allem äußeren Glanz zum Trotz und aller Musikbeschallung zum Trotz – , 
		da ist ja auch noch – im Zugehen auf Weihnachten – das Bedürfnis nach 
		Stille, nach Rückzug, nach Kerzenschein, da ist ja in uns – allem 
		Weihnachtsrummel zum Trotz – auch noch die Sehnsucht nach Ruhe und 
		Besinnlichkeit.  
		  
		Doch von all dem finden wir im Evangelium vom 1. 
		Adventsonntag nichts.  
		Im Gegenteil: Das neue Kirchenjahr knüpft dort an, wo das 
		alte aufgehört hat. Da ist vom Ende die Rede, von großer Not und 
		Drangsalen, drastische Bilder von Untergang und Vernichtung.  
		Die Ankunft des Menschensohnes steht bevor. 
		  
		Liebe Schwestern und Brüder! 
		Advent, 
		das sind keineswegs nur die 4 Wochen vor Weihnachten. 
		Advent 
		ist nicht nur das stimmungsvolle Warten auf das Christkind, das Kommen 
		Jesu in Bethlehem.  
		Advent 
		ist auch das Warten auf das Kommen des Herrn am Ende der Zeit. Die Zeit der Kirche ist Adventszeit. 
		  
		Der Menschensohn, der gekommen ist und mitten unter den 
		Menschen gelebt hat, er wird wiederkommen mit Macht und Herrlichkeit. 
		Und er wird vollenden, was mit ihm und in ihm begonnen hat: seine 
		Herrschaft und das Reich Gottes. 
		  
		Im jedem Credo, 
		das wir sprechen, liebe Mitchristen, bekennen wir unseren Glauben an das 
		Kommen Christi, an seine Wiederkunft. 
		Und der Priester betet in der hl. Messe nach dem 
		Vaterunser: „Bewahre uns vor Verwirrung und Sünde, damit wir voll 
		Zuversicht das Kommen unseres Erlösers Jesus Christus erwarten!“ 
		„Voll Zuversicht“, 
		nicht mit Angst und Schrecken! 
		„Voll Zuversicht“, 
		weil der, der kommen wird, zu richten die Lebenden und Toten, ein 
		gnädiger und barmherziger Richter sein wird, unser Heiland und Erlöser. 
		  
		„Maranatha – Komm, Herr Jesus!“ 
		– Diese letzten Worte der heiligen Schrift sind Adventsrufe der Kirche 
		bis heute. 
		  
		Allerdings, unser Advent, so wie wir ihn volkstümlich 
		praktizieren und begehen, kennt meist nur die Ausrichtung auf 
		Weihnachten. 
		Die Adventsliturgie der Kirche 
		aber kennt auch – und besonders am Beginn der Adventszeit – das Warten 
		und Ausschauhalten auf Christus am Ende der Zeit. Wann das sein wird, weiß niemand. 
		  
		Aber das Evangelium mahnt zur Wachsamkeit.  
		Und die drastischen apokalyptischen Bilder wollen nicht 
		erschrecken und Angst machen, sondern eigentlich aufrütteln, aufwecken 
		aus dem Schlaf der Sicherheit, herausrufen aus Routine und Trott, 
		aufwecken aus Lethargie und Gleichgültigkeit.  
		Denn es erwartet uns kein Ende mit Schrecken und schon 
		gar nicht ein Schrecken ohne Ende, sondern Vollendung in Gott, 
		Gemeinschaft mit Gott. „Wenn all das geschieht, 
		erhebt euer Haupt, denn eure Erlösung ist nahe!“ 
		  
		Advent, 
		liebe Mitchristen, hat noch eine Dimension, die wir oft vergessen.
		 
		Advent 
		ist nämlich auch das Warten auf das Kommen Jesu am Ende unseres Lebens.
		 
		Nicht nur die Zeit der Kirche, auch unser Leben ist 
		Adventszeit.  
		Wann das sein wird, wann unsere letzte Stunde schlagen 
		wird, weiß wiederum niemand.  
		  
		Aber eines ist klar: 
		Wir sind nur Gast auf Erden. Unsere Zeit ist befristet. Jeder Tag kann 
		der letzte sein.  
		Unerbittlich ticken die Uhren, die unsere Zeit Stunde um 
		Stunde kürzen.  
		  
		Auf einer Spruchkarte habe ich einmal gelesen:
		 
		„Heute ist der erste Tag vom Rest deines Lebens.“
		 
		Wie wahr! Heute ist der erste Tag vom Rest meines Lebens! 
		Deshalb gilt es auch diesbezüglich wachsam zu sein, 
		allzeit bereit zu sein und die Gegenwart bewusst und verantwortlich zu 
		gestalten.  
		  
		Wenn heute der letzte Tag meines Lebens wäre: 
		 
		Was wäre dann wichtig? Wie würde ich diesen Tag 
		gestalten?  
		  
		Sehen Sie, liebe Mitchristen, um diese Wachsamkeit für 
		das Hier und jetzt, um diese liebende Aufmerksamkeit in unserem Alltag, 
		darum geht es im Advent.  
		Ein bewusster Christ, 
		ist ein adventlicher Mensch.  
		Er lebt nicht gleichgültig in den Tag hinein.  
		Er lebt auch nicht so als ob es Gott nicht gäbe.  
		Er rechnet mit Gott.  
		  
		Am Comer See träumte eine Villa einsam vor sich hin.
		 
		Nur der Gärtner lebte da und führte auch die Besucher. 
		„Wie lange sind Sie schon da?“ – „24 Jahre.“ 
		„Und wie oft kam die Herrschaft in dieser Zeit?“ – 
		„Viermal.“ 
		„Wann war das letzte Mal?“ – „Vor vier Jahren“ sagte der 
		Gärtner. 
		„Ich bin fast immer allein. Sehr selten, dass ein Besuch 
		kommt.“ 
		„Aber Sie haben den Garten so gut in Schuss, so herrlich 
		gepflegt, dass Ihre Herrschaft morgen kommen könnte.“ 
		Der Gärtner lächelte: „Heute, mein Herr, heute!“ 
		 
		  
		Noch ein letztes, liebe Schwestern und Brüder! 
		Adventus domini – Ankunft des Herrn! 
		Begegnung mit dem Herrn:  
		Nicht nur an Weihnachten, nicht nur am Ende von Welt und 
		Zeit, auch nicht nur am Ende unseres Lebens.  
		  
		Ankunft des Herrn geschieht immer wieder neu.
		 
		Täglich können wir dem Herrn begegnen: 
		In seinem Wort, das er zu uns spricht, im Brot, das er 
		für uns bricht, in den Sakramenten, die wir empfangen, in jeder 
		liebenden Begegnung mit unserem Nächsten. Christus im Bruder, in der 
		Schwester, besonders im Hilfsbedürftigen und Notleidenden. 
		Christus aber auch in jedem von uns. Christus in den 
		leisen Impulsen des Herzens. Christus mir näher als ich mir selbst.
		 
		  
		Es stimmt, was Angelus Silesius einmal so ins Wort 
		gebracht hat: 
		„Wär Christus tausendmal in Bethlehem geboren, und nicht 
		in dir, du wärst doch ewiglich verloren.“ 
		  
		Und darum singen wir in diesen Wochen und an Weihnachten: 
		„Treuer Immanuel, werd auch in mir nun geboren. Komm 
		doch, mein Heiland, denn ohne dich bin ich verloren. Wohne in mir, mache 
		mich eins nun mit dir, der mich zum Leben erkoren!“ 
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