geistliche Impulse

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Predigt

von P. Pius Kirchgessner, OFMCap

 

Für Gott ist nichts unmöglich

(28. Sonntag - Lesejahr B; Mk 10, 17 - 27)

 

Was macht mein Leben „gut“? Ist nicht ein Tag wie der andere?

„Aufstehen, Straßenbahn, vier Stunden Büro oder Fabrik, Essen, Straßenbahn, vier Stunden Arbeit, Essen, Schlafen…immer derselbe Rhythmus – das ist lange ein bequemer Weg. Aber eines Tages steht das ‚Warum‘ da. Und mit diesem Überdruss fängt alles an.“ (nach Albert Camus)

 

Ist im eintönigen Alltag Neues möglich?

Man kann kleine Fluchten aus dem Grau antreten. Man kann versuchen, ein Stück blauen Himmel zu erhaschen. Man kann versuchen, das Glück im Besitz zu erstreben. Aber all das macht das Leben nicht „gut“.

 

Was macht mein Leben gut?

Im Evangelium richtet ein Mann diese Frage an Jesus.

Was kann, soll, muss ich tun, damit mein Leben gelingt, damit es bleibend und dauerhaft glückt?

Ist das nicht eine Frage, die jeder Mensch stellt?

 

Reich sein genügt nicht, Ansehen genießen genügt nicht, Spaß haben genügt nicht. Es muss mehr als all das geben.

Gesundheit, Schönheit, Erfolg: All das ist vergänglich. Was trägt darüber hinaus? Was bleibt?

 

Was macht mein Leben gut? Wie bekommt es einen bleibenden Wert?

Jesu Antwort ist nüchtern, gar nichts Außerordentliches und Verstiegenes. Er verweist auf die Gebote.

Der Mann antwortet, er habe von klein auf immer alle Gebote befolgt.

Könnte er mit sich und mit seinem religiösen Leben nicht ganz zufrieden sein? Aber er ist es nicht! Sein religiös moralischer Perfektionismus hat ihn erst in die Sinnkrise gebracht.

Er sucht mehr als peinliches Befolgen der Gebote. Gewissenhaft exaktes Erfüllen der Gesetze, vorschriftsmäßig leben – das kann ja nicht alles sein.

 

Als der Mann spürt: es muss noch etwas anderes geben, mir fehlt noch etwas, ich bin noch gar nicht am entscheidenden Punkt,

da sieht Jesus ihn an und gewinnt ihn lieb.

 

Glücklich, wer diesen Blick erfährt! Glücklich, wer diesen Blick versteht!

Es ist immer ein Blick voller Liebe, der einlädt und auffordert zugleich.

So auch hier: Jesus sucht das Vertrauen des jungen Mannes zu gewinnen. „Lass alles! Dann komm und folge mir nach!“

Unser Christenleben will und soll eine einzige Antwort sein auf diesen Ruf, auf diese Einladung: „Komm und folge mir nach!“

 

Als der Mann von Jesus in die Nachfolge gerufen wird, schreckt er zurück.

Verkaufen, was er hat, alles lassen? Das ist ihm zu schwer.

Das Netz des Reichtums hält ihn gefangen. Er schafft den Sprung ins Vertrauen nicht. Die Angst ist stärker.

 

Er traut Gott nicht zu, dass Leersein und Arm-Werden „Reichsein“ bedeutet und in die wahre und eigentliche Freiheit führt.

Er traut Gott das Paradoxe nicht zu, dass man letztlich nur hat, was man verschenkt und dass man verliert, was man festhält.

 

Der reiche Mann fragt: „Was muss ich tun...?“

Die tiefer gehende Frage hat er noch gar nicht entdeckt:

„Was muss ich lassen, um wohltuend zu erfahren:

Gott ist Gott. Gott ist gut. Gott nur genügt.“

 

Der Mann hat Angst, auf etwas anderes zu vertrauen als auf sein eignes Tun, auf seine fromme Leistung. Er hat Angst, sein Tun, seine Habe, sein Vermögen loszulassen.

 

Und was tritt an die Stelle seiner Sehnsucht nach mehr, nach erfüllterem Leben? Gefühle von Verdruss und Trauer.

Er weiß nur zu gut, dass sein Weg ihn jetzt wieder in jene Leere zurückführt, aus der er kam. Das ist enttäuschend.

 

Da ist ihm eine Tür aufgegangen, aber er schreitet nicht hindurch.

Da könnte etwas völlig Neues in seinem Leben beginnen, doch es bleibt alles beim Alten.

Er lag dem Meister zu Füßen und blieb doch am Ende bei sich selbst.

 

Dann schaut Jesus seine Jünger an und sagt zu ihnen:

„Wie schwer ist es für Menschen, die viel besitzen in das Reich Gottes zu kommen.“

Und er fügt hinzu: „Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr als dass ein Reicher in das Reich Gottes kommt.“

 

Die Aussage Jesu löst bei den Jüngern Entsetzen aus.

„Wer kann da noch gerettet werden?“ fragen sie ganz resigniert.

Jesu Antwort lautet: „Für Menschen ist das unmöglich, aber nicht für Gott; denn für Gott ist alles möglich.“

 

Für Gott ist alles möglich.

Über das Unvermögen des reichen Mannes und über die Angst der Jünger stellt Jesus die Gnade Gottes.

 

„Für Gott ist alles möglich!“

Ein Schlüsselsatz! – Er sagt, woher unser Heil kommt.

Es ist nicht käuflich. Wir verdanken es nicht unserer Leistung.

Es kommt nicht aus uns, sondern zu uns. Es ist mehr Gabe als Tat, mehr Geschenk als Verdienst. Wir verdanken es Gott:

 

Auch wo menschlich gesehen keine Hoffnung ist, da kann Gott noch ganz anders.

Und er hat Möglichkeiten und Wege der Rettung.

Das ist Trost. Das ist frohe Botschaft heute an uns:

Für Gott ist nichts unmöglich!