geistliche Impulse

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Predigt

von P. Pius Kirchgessner, OFMCap

 

Bemüht euch mit allen Kräften!

21. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C; Lk 13, 22 - 30

 

Evangelium

Sie werden von Osten und Westen und von Norden und Süden kommen und im Reich Gottes zu Tisch sitzen

+ Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas

In jener Zeit

22zog Jesus auf seinem Weg nach Jerusalem von Stadt zu Stadt und von Dorf zu Dorf und lehrte.

23Da fragte ihn einer: Herr, sind es nur wenige, die gerettet werden? Er sagte zu ihnen:

24Bemüht euch mit allen Kräften, durch die enge Tür zu gelangen; denn viele, sage ich euch, werden versuchen hineinzukommen, aber es wird ihnen nicht gelingen.

25Wenn der Herr des Hauses aufsteht und die Tür verschließt und ihr draußen steht, an die Tür klopft und ruft: Herr, mach uns auf!, dann wird er euch antworten: Ich weiß nicht, woher ihr seid.

26Dann werdet ihr anfangen zu sagen: Wir haben doch in deinem Beisein gegessen und getrunken und du hast auf unseren Straßen gelehrt.

27Er aber wird euch erwidern: Ich weiß nicht, woher ihr seid. Weg von mir, ihr habt alle Unrecht getan!

28Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein, wenn ihr seht, dass Abraham, Ísaak und Jakob und alle Propheten im Reich Gottes sind, ihr selbst aber ausgeschlossen seid.

29Und sie werden von Osten und Westen und von Norden und Süden kommen und im Reich Gottes zu Tisch sitzen.

30Und siehe, da sind Letzte, die werden Erste sein, und da sind Erste, die werden Letzte sein.

 

 

Wer hat Anteil am Reich Gottes? Wer wird – bildhaft gesprochen – einmal an jenem Tisch sitzen, der die Menschen aus allen Himmelsrichtungen vereint und an dem die großen Gestalten der Geschichte Israels, die Stammväter und die Propheten, ihren festen Platz haben? – Mit den Worten eines Zeitgenossen Jesu gefragt: Wer wird gerettet? Oder mit unseren Worten: Wer kommt in den Himmel? Und wer in die Hölle? Sind es viele oder sind es wenige? – Die Frage stellte sich zur Zeit Jesu umso dringlicher, als es im Judentum eine Tradition gab, die überzeugt war, dass die Gottesherrschaft nur für wenige sei. Und auch in der Geschichte der Kirche begegnet mehrfach die Überzeugung, dass ein großer Teil der Menschheit in die Verdammnis eingehen werde.

 

Wer eine eindeutige Antwort von Jesus erwartet, wird enttäuscht. Wohl deutet er an, dass viele es versuchen werden, durch die „enge Tür“ in Gottes Reich hinein zu kommen, denen es nicht gelingt. Doch eine Auskunft über eine konkrete Zahl gibt er nicht. Stattdessen spielt er den Ball zurück: Fragt nicht nach den anderen, sondern schaut auf euch selbst! Stellt keine Vermutungen an! Spekuliert nicht, sondern bemüht euch, strengt euch an, ins Reich Gottes zu kommen!

Ganz deutlich haben die Worte Jesu appellartigen Charakter. Sie informieren nicht darüber, wer gerettet wird und wer nicht, sondern sie ermahnen und rufen auf zum Handeln hier und jetzt. – Wer freilich dazu nicht bereit ist, wer gegen solche Mahnung resistent ist, wird die Konsequenzen tragen müssen, die das Wort vom Heulen und Zähneknirschen anschaulich bündelt. Umgekehrt aber: Wer im Geiste Jesu lebt und handelt, passt durch die Tür: Diese Zusage lässt aufatmen.

 

Gleichzeitig stockt jedoch der Atem angesichts der nachfolgenden Gleichnisrede: Demnach verschließt der Herr selbst die Tür und kennt die Anklopfenden nicht. – Eine rein äußerliche, nur vordergründige Zugehörigkeit zu Jesus Christus reicht offensichtlich nicht aus. Das bloße Miteinander-Essen oder die Tatsache, ihn als Lehrer gehört zu haben, genügt nicht. – Woran denkt Lukas hier? Spielt er an auf eine bloß äußere Teilnahme am Gottesdienst und am gemeinsamen Mahl, eine bloß äußere Teilnahme, die vom sonstigen Hadeln oder Lebensstil nicht gedeckt ist? Gab es so etwas zu seiner Zeit? Oder hat Lukas vorausgeahnt, dass es einmal ein Taufscheinchristentum geben werde, eine formale Zugehörigkeit zur Kirche und damit auch zu Jesus Christus, die sich weder in der entsprechenden inneren Haltung noch durch das äußere Handeln ausdrückt? – Uns kann er ja doch nicht etwa meinen, die wir doch vorne dran sind in der Gemeinde, regelmäßig im Gottesdienst, gute Christen eben?

 

Allerdingst: „Manche von den ersten“ werden die letzten sein und umgekehrt. Wir haben jedenfalls keinen Grund, uns allzu sicher zu fühlen. Umgekehrt sollten wir uns vor vorschellen Urteilen hüten. Wer die „manchen“ sind, wissen wir nicht.

 

Diese Predigtgedanken verdanke ich einer Vorlage von Sabine Pemsel-Maier