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Die Gemeinschaft der Heiligen
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„Freut euch alle im Herrn am Fest aller Heiligen! Mit uns freuen sich die Engel und loben Gottes Sohn.“ – So lautet der Eröffnungsvers der heiligen Messe am heutigen Festtag. Ja, Allerheiligen ist ein Fest der Freude und der Hoffnung.
Liebe Schwestern und Brüder! Wie viele Heilige und Selige mag es wohl geben? Durch alle Jahrhunderte hindurch hat die Kirche Männer und Frauen, die die Nachfolge Christi überzeugt und mutig gelebt haben, besonders hervorgehoben, hat sie heiliggesprochen bzw. zur Ehre der Altäre erhoben.
Doch heute an diesem Fest feiern wir nicht nur die berühmten Heiligen, deren Namen wir kennen und deren Taten uns in Büchern überliefert sind. Wir feiern die unzählbare Schar aller Heiligen, die im Himmel bei Gott vollendet sind. Wir feiern die stillen Heiligen, die unbekannten Helden des Glaubens, die ihr Leben in unscheinbarer Treue, in alltäglicher Liebe und in der Sorge um andere gelebt haben. – Sie sind nicht als Märtyrer gestorben. Sie haben keinen Orden gegründet. Von ihrem Leben werden keine Erscheinungen und Wunder berichtet. Sie haben keine komplizierten Werke der Frömmigkeit vollbracht. Spektakuläre Taten und große Worte sind von ihnen nicht überliefert. Sie haben nach besten Kräften geglaubt, gehofft und geliebt. Es sind die “Heiligen des Alltags“.
Aber dieses Fest ist noch mehr: Es ist auch eine Feier dessen, was wir selbst sind und sein sollen. Im Glaubensbekenntnis beten wir: „Ich glaube an die Gemeinschaft der Heiligen“. Diese Gemeinschaft umfasst nicht nur diejenigen, die schon bei Gott sind, sondern auch uns, die wir noch auf Erden leben. Durch die Taufe hat Gott den Samen der Heiligkeit in uns hineingelegt. Wir alle sind zur Heiligkeit berufen.
Liebe Mitchristen! Der Weg zur Heiligkeit ist der Weg, den uns Jesus in den Seligpreisungen aufzeigt, die wir im Evangelium gehört haben: „Selig die arm sind vor Gott“, „selig die Trauernden“, „selig die Sanftmütigen…“. – Diese Worte sind eine Provokation für unsere Welt, die oft auf Reichtum, Stärke und Erfolg ausgerichtet ist. Jesus aber öffnet uns eine andere Perspektive: Er sieht nicht auf unseren äußeren Schein, sondern auf unser tiefstes Verlangen nach Heil, nach Gott. Er nennt nicht die Glücklichen selig, die alles haben, sondern die, die sich ihrer Bedürftigkeit bewusst sind und sich voller Vertrauen in seine Hände legen.
Liebe Schwestern und Brüder! Heiligkeit ist kein fernes Ideal, das nur wenigen vorbehalten ist. Heiligkeit ist ein „Versuch es doch!“, wie es ein Theologe formuliert hat. Es ist der Versuch, im Stil Jesu zu leben, das Licht Christi in diese Welt zu tragen, gerade dort, wo es dunkel ist. Die Heiligen, an die wir heute denken, sind für uns nicht nur Vorbilder, sondern auch Mutmacher. Sie zeigen uns, dass es möglich ist, sich ganz auf Gott einzulassen und die Welt durch Liebe und Güte zu verändern.
Liebe Schwestern und Brüder! Wenn wir heute auf den Friedhof gehen, um die Gräber unserer Verstorbenen zu schmücken und Kerzen anzuzünden, dann erinnern wir uns nicht nur an ihr vergangenes Leben, sondern wir feiern die Hoffnung auf ein neues, ewiges Leben. Die brennende Kerze ist ein Zeichen dieser Hoffnung. Sie zeigt uns, dass das Licht der Seele unvergänglich ist und wir in der Liebe und im Gebet mit den Verstorbenen verbunden bleiben. Es ist ein Moment, in dem wir mit den Augen des Herzens in den Himmel schauen dürfen und spüren, dass die Grenzen zwischen Himmel und Erde durchlässiger sind, als wir manchmal denken.
Liebe Schwestern und Brüder! Lasst uns an diesem Festtag mit dankbarem Herzen an alle Heiligen denken – an die bekannten und die unbekannten, an jene, die uns mit ihrem Glaubenszeugnis inspiriert haben, und an jene, die uns in unserem eigenen Leben Wegbegleiter waren und deren Liebe uns über den Tod hinaus verbindet. Und lasst uns die Hoffnung in uns stärken, dass auch wir eines Tages in diese große Schar der Vollendeten aufgenommen werden. |
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