geistliche Impulse

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Predigt

von P. Pius Kirchgessner, OFMCap

 

Hören und Antworten - wie Maria

(Predigt in der Andacht am Fest der "Verkündigung des Herrn")

 

 

Jeden Morgen, Mittag und Abend läuten in Stadt und Land von katholischen Kirchen die Glocken und rufen zum Angelus.

Sie laden ein, den „Engel des Herrn“ zu beten.

Das Angelusläuten kann und will ein Zeichen sein, kurz innezuhalten und der Menschwerdung Gottes zu gedenken.

 

Liebe Wallfahrer und Wallfahrerinnen!

„Der Engel des Herrn“ ist die Kurzfassung des soeben gehörten Evangeliums. Dieses Gebet erinnert an die einmalige Berufung Marias zu Mutter des Gottes-Sohnes.

Es zeigt uns aber auch, wie bei uns Gottes Wort und unser Hören, Gottes Wort und unsere Antwort, Gottes Wort und unser Glaube einander entsprechen und einander begegnen wollen und sollen.

 

Immer geht die Initiative von Gott aus:

Der Engel Gabriel überbringt Maria die frohe Botschaft. Gottes Bote begegnet dem Mädchen von Nazareth.

Er grüßt sie als Begnadete, das heißt von Gott Beschenkte.

 

So macht es Gott auch bei uns.

Weil Gott uns liebt, darum kommt er auf uns zu, zeigt uns Menschen sein Wohlwollen und spricht uns an.

 

Es muss nicht immer ein Engel sein, der uns anspricht.

Gott hat auch andere Signale, Zeichen, Anstöße und Impulse.

Gott spricht auch durch die Not der Zeit, durch den leisen Gedanken, durch den freundlichen oder bittenden Blick eines Menschen.

Gott hat viele Möglichkeiten, durch die er uns einen Boten, einen Gruß, einen Zuspruch oder einen Anruf schicken kann.

 

Auch in unserer Zeit und in unserem Leben kommt es darauf an – wie Maria – hellhörig, spürig und fühlig zu sein für Gottes Botschaft.

Es gilt, mit wachen Augen und einem offenen Herzen hinzuhören und hinzuschauen, um zu er-horchen und wahrzunehmen, was Gott uns sagen will. Dazu benötigen wir immer wieder Innehalten, Ruhe, Stille und Schweigen.

 

„Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade.“

So schön der Gruß an Maria im Evangelium auch klingt, das Mädchen von Nazareth erschrickt darüber.

Dieses Erschrecken gehört nach dem Zeugnis der Bibel immer dazu, wenn Menschen von Gott eine Nachricht erhalten und gerufen werden. Das war bei Mose so, bei den Propheten, bei den Hirten von Betlehem und vielen anderen.

 

Da stellt sich die Frage: Wie kann Gott gerade mich rufen?

Wie kann ich, Gottes Ruf entsprechen? Wie kann ich ihm gerecht werden?

 

Maria erschrak und überlegte, was der Gruß des Engels zu bedeuten habe.

Auch wir blicken nicht immer durch. Auch wir verstehen vieles in unserem Leben nicht. Auch wir tappen oft im Dunkeln.

Könnte es nicht sein, dass Gott uns mit dem, was uns betroffen macht, oder mit dem, was uns in Frage stellt, ansprechen will?

 

Maria ist offen. Maria ist ansprechbar. Sie hört und gibt Antwort.

Sie fragt aber auch: „Wie soll das geschehen?“

 

Darin, liebe Schwestern und Brüder, erweist sich die Kraft des Glaubens, dass wir bei allem Erschrecken, bei aller Betroffenheit und bei allen offenen Fragen, den Dialog mit Gott nicht abbrechen, sondern auch mit unseren Fragen zu ihm kommen und ihm vertrauen.

 

Gott lässt Maria mit ihren Fragen nicht allein.

Fürchte dich nicht, Maria! Du hast Gnade gefunden bei Gott.

Gott schaut freundlich auf dich: „Der Herr ist mit dir!“

 

Liebe Wallfahrer und Wallfahrerinnen!

Es ist derselbe Gruß, der uns in jeder Messfeier zugesprochen wird: „Der Herr sei mit euch!“

Der Herr ist mitten in unserem Leben. Er ist auch bei uns mit unseren Fragen, Schwierigkeiten und Ängsten.

Fürchte dich nicht. Ich bin mit dir. Ich helfe dir. Du bist nicht allein.

 

Es ist die gleiche Zusage, die den Hirten an Weihnachten gemacht wird: „Fürchtet euch nicht!“

Es ist die Zusage, die auch Josef durch den Engel im Traum erhält: „Fürchte dich nicht!“

 

Diese Zusage dürfen auch wir auf uns hin hören: „Fürchte dich nicht! Ich bin mit dir!“

Gott spricht auch uns Mut zu. Die Gewissheit seiner Gegenwart gibt uns Kraft und Zuversicht.

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Wir sind eingeladen – wie Maria – zu einer freien und mutigen Antwort. Maria antwortet – nach allem Erschrecken, Überlegen und Fragen – mit „Ja“, sie willigt ein, sie ist bereit, sie ist ganz Empfänglichkeit und Verfügbarkeit.

„Ich bin die Magd des Herrn. Mir geschehe nach deinem Wort.“ Maria will dem Herrn dienen. Gottes Wille so an ihr geschehen.

Das ist nicht immer leicht, den Willen Gottes anzunehmen:

Es ist nicht immer das angenehmste, seinem Willen Vorfahrt zu geben. Aber es ist für mich und für uns das Beste.

 

Liebe Wallfahrer und Wallfahrerinnen!

Jesus Christus will neu geboren werden in unserem Leben.

Er will gegenwärtig werden in unserem Alltag.

Versuchen wir offen zu werden, bereit, ja zu sagen zu dem, was Gott von uns will, wie es Maria getan hat.

 

Dann kann die Botschaft von Gottes Liebe in unseren dunklen Alltag Licht bringen. Dann können wir – in der Kraft des Hl. Geistes – mutig und voll Vertrauen unsere Wege gehen.

Gott führt und leitet.