geistliche Impulse

www.pius-kirchgessner.de

 

von P. Pius Kirchgessner, OFMCap

 

Marienmonat Mai

 

Der Monat Mai ist der Monat, in dem die Kirche die Gottesmutter besonders ehrt. Religions- und kulturgeschichtlich ist es ein bemerkenswertes Phänomen, dass mit Maria eine Frau eine so prominente Stellung in einer der drei großen monotheistischen Religionen erhielt.

Maria verkörpert in der Frömmigkeitsgeschichte und auch heute immer den Zugang des Volkes, gleichsam von unten, zu ihrem Sohn. Die Quellen über sie sind spärlich. Sie sprechen von dem unfassbaren Abenteuer eines jüdischen Mädchens, das abseits der großen Welt den Sohn Jesus zur Welt brachte. Ihn, der einmal die Welt verändern sollte, zog sie gemeinsam mit Josef auf.

Sie war wohl eine Mutter, wie sie uns allen aus dem normalen Leben auch vertraut ist. Mit gelegentlichen Ermahnungen, mit einem Lächeln, mit den mütterlichen Erwartungen an ihren Sohn, mit Unverständnis für seine Handlungen, die manche Regeln und Traditionen verletzten, die ihr selbstverständlich und heilig waren. Wohl auch eine Frau, die Angst hatte und weinte, vermutlich mehr mit sich selbst geredet hat als mit ihrem Sohn. Sie bedachte alles in ihrem Herzen, wie es in der Bibel heißt.

All das bringt sie uns nahe, und doch spiegelt sich ihr Schicksal im großen Weg ihres Sohnes. Eine außergewöhnliche Frau, die doch Frau unter Frauen ist, die in allem an der conditio humana von Menschen teilhatte und die Lebensreise ihres Sohnes bis zum Ende mitging.

So bündelt sich in ihr und ihrem Schicksal das ganze Spektrum menschlicher Gefühle und Beziehungen: die Freude, die Tränen, der Schmerz, die Fürbitte für andere und auch die bleibende Rätselhaftigkeit eines Glaubens- und Lebensweges, den zu gehen ihr das Schicksal ihres Sohnes auferlegt hat.

In Maria ehren wir die Mutter Jesu, aber in ihr auch die uns begleitenden Menschen und Umstände, die unser Leben formen und prägen. Wir verstehen, weshalb viele Menschen in Freude und Leid, in Gesundheit und Krankheit und in guten und schlechten Tagen den Weg zu ihr suchen und finden.

 

Hermann Breulmann SJ