Exerzitien mit P. Pius

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Predigt zum 50jährige Professjubiläum

von Pater Pius Kirchgessner, OFMCap

am 9.12.2023 in München

von Pater Norbert Schlenker, OFMCap

 „Hört und bleibt“

1 Sam. 3, 1-10 / Joh 15, 1 - 8

 

Den 50. Jahrestag der Ordensprofess von Bruder Pius als Kapuziner, den wir heute als „Goldenes Ordensjubiläum“ feiern, lädt uns ein, zunächst einen Blick zurückzuwerfen auf die Anfänge des Ordenslebens unseres Jubilars. Zunächst darf ich anmerken, dass Pius ja nicht der erste aus der Familie ist, der Kapuziner wurde. Sein Onkel Pater Kilian war ein sehr geschätzter Mitbruder, der auch wichtige Aufgaben in unserer Provinz hatte. Pius war der letzte Schüler unserer Internate Zell am Harmersbach und Bensheim, der Kapuziner wurde und geblieben ist. Und als er nach dem Abitur Kapuziner werden wollte, war er zunächst allein auf weiter Flur, der einzige Kandidat, so dass kein Noviziatskurs zustande kommen konnte. So fand sein Noviziat überwiegend in unserem Studienkloster Münster statt, wo er zeitgleich die beiden ersten Semester Philosophie und Theologie an unserer Ordenshochschule studierte.

 

Ein gutes halbes Jahr später standen plötzlich fünf weitere junge Männer auf der Matte, die Kapuziner werden wollten. Keiner von ihnen hatte ein Internat besucht, sie alle hatten auf andere Weise die Kapuziner kennengelernt. So kam auf einmal wieder ein Noviziatskurs zustande, ich gehörte auch zu dieser Gruppe. Ein Viertel Jahr später kamen vier weitere Kandidaten. Hinzu kam noch der einzige Kandidat der Südtiroler Provinz. So waren wir mit Pius zusammen, der noch rund zwei Monate unserer Noviziatsgruppe angehörte, auf einmal elf Novizen. Der damalige Provinzial Pater Alexander verlegte das Noviziat von Stühlingen nach Münster, dem damaligen Neupriester Bruder Leonhard wurde die Noviziatsleitung anvertraut. Am Hochfest Mariä Empfängnis 1973 durfte Pius dann in unserer Klosterkirche in Bensheim in die Hände seines Onkels Pater Kilian die Einfache Profess ablegen.

 

Damit kam der Novize Pius aus dem Noviziat ins Juniorat, oder – wie es damals noch hieß ins Klerikat. Leider mussten wir dann erleben, dass aus der ursprünglich großen Gruppe einer nach dem anderen früher oder später wieder wegging. Von den vorhin genannten elf Novizen sind als Kapuziner heute leider nur drei übriggeblieben: Pius, der südtiroler Bruder Michael und meine Wenigkeit. Pius war dann im September 1974 mit den übriggebliebenen Novizen unter Leitung von Pater Leonhard und Pater Osmund mit auf einer Assisi-Wallfahrt, die erste mit Novizen in unserer Provinz überhaupt, was aber für das Kennenlernen und das Vertiefen der franziskanischen Spiritualität natürlich äußerst wertvoll war – und es gab dann noch einen gemeinsamen Urlaub in Form eines Hüttenaufenthaltes in Südtirol.

 

Den Weg ins Ordensleben unseres Jubilars und seinen weiteren Weg als Kapuziner und dann auch Priester möchte ich mit fünf Stichworten umschreiben, die auch in den biblischen Texten, die Pius für diesen Festgottesdienst ausgewählt hat, vorkommen: „hören – kommen – sehen - antworten – bleiben“.

 

Die Berufungsgeschichte des jungen Samuel macht deutlich: Glaube kommt vom Hören.

 

Und wer genau zuhört – und immer wieder hört – wird durch alle Unsicherheiten und Missverständnisse hindurch hören, wer es ist, der ruft. Und Gerufene dürfen auch nachfragen, wenn sie unsicher sind. Das dürfen wir von der Berufung der Gottesmutter Maria lernen, deren Fest der Erwählung wir gestern gefeiert haben.

 

Oder ich denke an die Berufung der ersten Jünger. Auf die Einladung Jesu an die beiden, die auf der Suche sind, mit der berühmten Frage: „Meister, wo wohnst du?“ sagt Jesus klar und knapp zu ihnen: „Kommt und seht!“ – So lesen wir im Johannesevangelium.

 

Diese Frage „wo wohnst du?“ bezieht sich in erster Linie nicht auf einen lokalen Wohnort, sondern auf das innerliche Zuhause Jesu, auf seine eigentliche Heimat, auf seinen Ursprung, und der Evangelist hat dabei auch schon den Vater im Blick. Später wird Jesus sagen: „Ich und der Vater sind eins.“  Es geht hier um das tiefste Geheimnis Jesu, seine Wesenseinheit mit dem Vater, die vor allem vom Johannesevangelisten immer wieder hervorgehoben wird.

 

„Meister, wo wohnst du?“, fragen die beiden Jünger. - Jeder Mensch verlangt nach Geborgenheit, nach einem Daheim, nach Heimat. Wer keine Geborgenheit und keine Heimat findet, kann nicht der werden, der er ist, und er wird niemals den wahren Frieden erfahren. Ja, Heimat ist etwas anderes und mehr als Wohnraum. „Meister, wo wohnst du?“  diese Frage im Evangelium geht in die Tiefe und in die Weite.

 

Auf die Einladung Jesu: „Kommt und seht!“, ist die Antwort der Jünger: Sie bleiben den ganzen Tag bei ihm. Sie sehen und wundern sich. Nie mehr in ihrem Leben konnten sie diese Begegnung vergessen, sie veränderte ihr Leben von Grund auf und machte ihr Herz weit. Das ganze Johannesevangelium ist eine einzige Einladung, zu kommen und zu sehen und – zu bleiben.

 

In diesem Schauen und im tieferen Schauen, in der Kontemplation, wird der Mensch verwandelt und mehr und mehr zum Glauben an den Vater geführt. „Wer mich sieht, sieht den Vater“, unterstreicht Jesus. Ja: Kommt, bleibt nicht weg – haltet keine ängstliche Distanz, ihr seid willkommen! Kommt in den Kreis meiner Jüngerinnen und Jünger!

 

Ich denke, das ist auch eine Einladung, die unser Jubilar in seinem nunmehr 50jährigen Ordensleben immer wieder erfahren hat und nicht nur selbst erfahren hat, sondern die er auch in reichem Maß weitergegeben und weitervermittelt hat. In jungen Jahren in der Jugendarbeit etwa in meiner Heimatgemeinde Karlsruhe St. Franziskus oder im westfälischen Werne, wo ich nun stationiert bin und Pius noch in bester Erinnerung ist und ich ihn von vielen grüßen darf, in Werne auch in der Begleitung der Novizen und etwas später in der Begleitung unserer Postulanten in Dieburg.

 

Oder dann eben auch durch die inzwischen jahrzehntelange Begleitung vieler Menschen und gerade auch Ordensschwestern in Exerzitienkursen, Einkehrtage, religiösen Freizeiten, Bibliodramen und geistlicher Begleitung.

 

Da kommen auch Menschen, die hören und sehen möchten und immer wieder neu ihrer je eigenen Berufung nachspüren wollen. Als Standorte, von denen aus Pius wirkte, dürfen wir Reute, Ave Maria Deggingen, Bad Mergentheim und dann lange Jahre unser Schwarzwaldkloster Zell erwähnen, von wo aus Pius in diesem Sommer nun hierher nach München kam.

 

Schwestern und Brüder, Von den ersten Jüngern, die der Einladung Jesu zum Kommen und Sehen gefolgt sind, erzählt der Evangelist Johannes, dass sie mit Jesus gingen und dass sie diesen Tag bei ihm blieben. Die Einladung Jesu zum Bleiben finden wir gerade bei Johannes sehr häufig. „Bleiben“ ist ein Lieblingswort des Johannes; 40-mal kommt es in seinem Evangelium vor (und 27-mal in den ihm zugeschriebenen Briefen). Dieses Wort „bleiben“ wird zum bildhaften Ausdruck für Geborgenheit und sogar Einheit. Ja, „Bleiben“ ist ein Schlüsselwort des Johannesevangeliums. „Jünger“ ist nur, wer „bleibt“.

 

Im heutigen Evangelium, im Bildwort vom Weinstock, fordert Jesus seine Jünger und damit auch uns ausdrücklich auf: „Bleibt in mir, dann bleibe ich in euch“. Das Johannesevangelium kennt eine ganze Serie von „bleiben“. Wir finden sie am prägnantesten in dieser Bildrede vom Weinstock und vom Fruchtbringen.

 

Der Ausdruck „bleiben“ bezeichnet im Johannesevangelium die Endgültigkeit und Dauer des durch den Glauben begründeten Verhältnisses zu Jesus, ein Verhältnis gegenseitiger Verlässlichkeit und Treue. In diesem Verhältnis ist begründet, dass der Glaubende "in ihm bleibt" und dieses „in Jesus Bleiben“ ist die Grundlage für das Fruchtbringen. Wir sind die Reben, in denen der Saft, ja die Lebenskraft des Weinstocks präsent und wirksam und fruchtbar ist. - Und dieses Bleiben in Jesus und in seinem Vater ist nicht statisch, sondern birgt eine enorme Dynamik. Gott ist immer größer. Wie groß wir auch über ihn denken, er ist doch noch größer. Es gibt Zeitgenossen, die haben Angst vor allen möglichen und unmöglichen Unheilsmächten und wittern überall, wo etwas Seltsames oder auch Böses geschieht, etwas Dämonisches oder sogar gleich den Satan selbst. Das zeugt von einem mangelnden Vertrauen zu Jesus und zum Vater. Wer mit Jesus in Verbindung ist, wer in ihm bleibt, der braucht vor keinen Unheilsmächten Angst zu haben.

 

Sagt der Auferstandene, der Sünde und Tod besiegt hat, doch als eines seiner letzten Worte vor seiner Himmelfahrt im Zusammenhang, dass er bei uns ist alle Tage bis zum Ende der Welt: „Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde!“ Also steht er auch über allen Unheilsmächten und wer in der Liebe Christi bleibt und mit ihm in Verbindung ist wie der Rebzweig mit dem Weinstock, der braucht in der Kraft der Liebe Christi keine Unheilsmächte zu fürchten, denn die Liebe überwindet Furcht und Angst.

 

Wie wird nun das Bleiben in Jesus im Alltag konkret? Es geht nicht in erster Linie um Frömmigkeitsübungen, sondern um eine Grundeinstellung, konkret um die Grundhaltung der Liebe. Die Rebe ist 24 Stunden mit dem Weinstock verbunden und ohne diese grundsätzliche Christusbeziehung gleichsam „rund um die Uhr“ gibt es auch keine Frucht, die Gott gefallen könnte, keinen Beitrag zum Reich Gottes und keine Heiligung des persönlichen Lebens.

 

Der in Jesus Bleibende macht den Willen Jesu und damit den Willen des Vaters zu seinem eigenen und bleibt damit in der Liebe, denn die Liebe ist das Gebot und der Wille des Vaters. Frucht des in Jesus Bleibens ist das Bewahren der Liebe. Es genügt nicht, einmal zum Glauben gekommen zu sein, entscheidend ist, in der Christusbeziehung und in der Liebe zu bleiben, gleichsam als „Dauerzustand“, als „Lebenswirklichkeit“.

 

Und vielleicht tut es uns auch einmal gut, ganz zweckfrei vor Gott still zu werden, sei das zu Hause, draußen in der Natur, in einer Kirche oder auch vor dem Allerheiligsten, nicht mit einem großen Gebetspensum, nein, still werden, leer werden, offen werden, dass ich die Liebe Gottes spüren kann, der sich mir schenken, der mich ansprechen, der mich lieben möchte. Das können wir auch in vorzüglicher Weise von unserem Ordensvater, dem Heiligen Franz von Assisi lernen. - Und das ist ja auch unserem Jubilar ganz wichtig, und ich denke, daraus erwächst auch die Kraft zum Bleiben und für den Dienst an den Menschen gerade in geistlicher Begleitung. „In der Stille und im Vertrauen liegt euere Kraft“, lesen wir beim Propheten Jesaja. Dass Pius diesen Weg gegangen ist und geht, dafür sind wir alle sehr dankbar und wir wünschen ihm auf seinem weiteren Weg viel Freude und die begleitende und segnende Nähe des Herrn.

 

Woran erkennt man nun also die Qualität der Christen und auch der Ordenschristen? Daran, dass sie bei Jesus bleiben. Dass sie mit ihm und untereinander verbunden sind und mit ihm und untereinander verbunden bleiben – und danach handeln. - „Bleibt in meiner Liebe!“, so weist Jesus seine Jünger und alle, die ihm nachfolgen, an. Daran, dass wir einander lieben und in seiner Liebe bleiben, daran sollen die Menschen erkennen, dass wir Jünger Christi sind.

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