Evangelium
Ich bin nicht gekommen, um
Frieden zu bringen, sondern Spaltung
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Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas
In jener Zeit sprach Jesus zu
seinen Jüngern:
49Ich
bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen. Wie froh wäre ich, es würde schon
brennen!
50Ich
muss mit einer Taufe getauft werden und wie bin ich bedrängt, bis sie vollzogen
ist.
51Meint
ihr, ich sei gekommen, um Frieden auf der Erde zu bringen? Nein, sage ich euch,
sondern Spaltung.
52Denn
von nun an werden fünf Menschen im gleichen Haus in Zwietracht leben: Drei
werden gegen zwei stehen und zwei gegen drei;
53der
Vater wird gegen den Sohn stehen und der Sohn gegen den Vater, die Mutter gegen
die Tochter und die Tochter gegen die Mutter, die Schwiegermutter gegen ihre
Schwiegertochter, und die Schwiegertochter gegen die Schwiegermutter.
Liebe Schwestern und Brüder!
Ist das nicht gewöhnungsbedürftig, was wir da im heutigen Evangelium hören? Ein
Jesus, der Feuer auf die Erde bringt und will, dass es brennt. Ein Jesus, der
Streit und Spaltung will. – Ein Brandstifter und ein Störenfried – wo wir uns
doch so bemühen, alle Brandherde zu löschen und jeden Streit zu schlichten? –
Ist das wirklich „unser“ Jesus?
Ja, liebe Schwestern und Brüder,
das ist „unser“ Jesus. In der Tat: Brandgefährlich ist er – zumindest für
die religiösen Autoritäten seiner Zeit, denen die Ordnung so wichtig war.
Brandgefährlich für alle,
die die Welt genau einordnen wollen in gut und bös, in schuldig und
unschuldig – und die der Überzeugung sind, dass die Bösen und Schuldigen weg
müssen.
Brandgefährlich, denn
dieser Jesus macht genau das Gegenteil: Er setzt sich mit den schuldig
Gewordenen an einen Tisch. - Er hält mit Sündern Mahl. - Er wendet sich den
offensichtlich Bösen und Schlechten zu - mit ganz viel Liebe, mit so viel Liebe,
dass sie auf einmal ihr Leben ändern und ganz neu anfangen können.
Ja, Jesus läuft denen, die
die offiziellen Autoritäten längst als „Verlorene“ abgeschrieben hatten, nach,
so lange, bis sie sich von ihm finden lassen. Und dann hält er ihnen keine
Moralpredigt, sondern er nimmt sie in den Arm und er trägt sie nach Hause und
schenkt ihnen das Heil.
Und so ist Jesus in der Tat
ein Störenfried, weil er damit die „Frommen“ seiner Zeit kritisiert und
ihr Handeln in Frage stellt. Und weil er seinem Gott mehr gehorcht als den
Pharisäern und Schriftgelehrten, die meinen, sie wüssten genau, was dieser Gott
will und was er nicht will.
Kann das gut gehen? – Nein,
das kann nicht gut gehen. Das wird ihn den Kopf kosten. Und Jesus weiß das, denn
die Taufe, von der er da spricht, ist keine Taufe mit Wasser, sondern mit Blut,
mit seinem Blut – und das macht ihm Angst.
Und dennoch bleibt er
Brandstifter und Störenfried, dennoch bleibt er sich treu in seinem Handeln und
Reden, ja, letztlich bleibt er seinem Gott treu, von dem er sich doch gesandt
weiß.
Dieser Gott, der eben nicht
einfach einteilt und verurteilt, sondern der barmherzig ist und der liebt.
Dieser Gott, der ein Herz hat für alle - und der jedem, auch dem schwersten
Sünder, eine Chance zur Umkehr schenkt. Und der sogar beim Umkehren hilft, weil
er doch retten und nicht richten will.
Liebe Schwestern und Brüder,
Jesus kann nicht anders als so zu reden und so zu handeln, denn dazu weiß er
sich vom Vater berufen. Und Jesus will, dass die ganze Welt brennt, dass sie
brennt mit dem Feuer SEINER Liebe. Dieser unbändigen Liebe zu Gott und zu den
Menschen.
Er muss Feuer auf die Erde werfen
und Streit riskieren; aber nicht einfach nur um des Streites Willen, sondern um
die Menschen zu einer Entscheidung zu führen: Entweder man ist für ihn – oder
gegen ihn. Entweder man ist Feuer und Flamme für ihn – oder nicht. Ein „Dazwischen“,
ein „Vielleicht“ oder ein „Mal abwarten“ das gibt es für ihn
nicht, sondern nur ein entschiedenes JA oder halt ein Nein. In jedem Fall eine
Entscheidung, selbst wenn darüber Familien zerbrechen können.
Liebe Schwestern und Brüder,
damit es da keine Missverständnisse gibt: Wenn Jesus hier vom Streit in den
Familien spricht, Väter gegen Söhne und Schwiegermütter gegen Schwiegertöchter,
dann meint Jesus hier sicher keine Streitigkeiten wegen des Fernsehprogramms
oder so was. Nein, hier geht es um den Glauben, um einen Glauben, der keine
faulen Kompromisse zulässt, sondern die Entschiedenheit fordert – selbst, wenn
ich die ganze Familie gegen mich habe.
Wenn Gott ruft, dann kann
ich nicht länger machen, was die Eltern und die Onkel und Tanten sagen, sondern
dann muss ich tun, was Gott sagt, selbst wenn es Streit gibt.
Und wenn ich heute eine
Entscheidung im Glauben getroffen habe, dann kann ich die morgen nicht
verleugnen und verraten - nur um des lieben Friedens willen, sondern dann muss
ich sie konsequent leben, konsequent vertreten -- auch wenn die anderen mich
nicht mehr verstehen und ich am Ende ganz schön alleine dastehe. – Wenn ich
Jesus nachfolgen will, dann muss mein JA ein JA sein - und mein NEIN ein NEIN,
auch wenn andere was ganz anderes sagen oder von mir wollen.
Ja, liebe Schwestern und Brüder,
das ist ein wirklich hartes Evangelium, das wir da heute hören und da begegnet
uns ein anscheinend unbeugsamer Jesus.
Ein Jesus, der uns deutlich
macht, dass unser Glaube nicht ein bisschen „Dekoration“ für Festtage
ist, und Christsein nicht ein bisschen „Feierlichkeit“ am Sonntagmorgen,
sondern Entschiedenheit für Gott - eine Entschiedenheit, die mein ganzes Leben
durchdringt – angefangen bei meinen tagtäglichen Entscheidungen in der Familie
und im Beruf - bis hin zur Partei, die ich wähle. Entschiedenheit für eine
Kirche, die auch wirklich die Kirche Jesu Christi ist; in der er lebendig sein
kann und heilend.
Liebe Schwestern und Brüder,
der Herr sucht Menschen, die sich von ihm „anstecken“ lassen und keine,
die sich immer gleich als „Feuer-Löscher“ betätigen, nur damit Ruhe ist. – Er
sucht Menschen, die „brennen“– aber nicht auf Sparflamme, nur damit es
nicht so anstrengend ist.
Und er braucht sicher
keine, die immer gleich die Wogen glätten, nur „um des lieben Friedens willen“,
wo aber mal ein deutliches Wort gesagt werden müsste, das zum Streit führen
könnte.
Denn manchen Streit, den
muss man führen – in der Familie und auch in einer Ordensgemeinschaft; und
manchen Krach muss man riskieren, zumindest wenn man sich zum Herrn und zu einem
eigenen Glauben bekennen will. - Ein Herr, der fordert und herausfordert:
Ein Christsein für
Entschiedene. Ein Christsein, das Feuer fängt für diesen Jesus Christus – und
für seine Art zu leben und zu lieben. – Einfach ist das nicht, aber nicht
unmöglich. Denn der Herr lässt uns ja nicht allein mit unserer Entschiedenheit,
sondern er schenkt uns seinen Geist, der uns beisteht und uns führen will.
Pfingstgeist. – Und das Feuer, das er entzündet, ist ja kein Flächenbrand,
der alles zerstört, sondern Pfingstfeuer, Feuer das reinigt, heilt und
Neues möglich macht – „mitten unter uns“. |