Exerzitien mit P. Pius

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"Gott sei mir Sünder gnädig!"

30. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C; Lk 18, 9 - 14

 

Evangelium

Der Zöllner ging gerechtfertigt nach Hause zurück, der Pharisäer nicht

+ Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas

In jener Zeit

9erzählte Jesus einigen, die von ihrer eigenen Gerechtigkeit überzeugt waren und die anderen verachteten, dieses Gleichnis:

10Zwei Männer gingen zum Tempel hinauf, um zu beten; der eine war ein Pharisäer, der andere ein Zöllner.

11Der Pharisäer stellte sich hin und sprach bei sich dieses Gebet: Gott, ich danke dir, dass ich nicht wie die anderen Menschen bin, die Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner dort.

12Ich faste zweimal in der Woche und gebe den zehnten Teil meines ganzen Einkommens.

13Der Zöllner aber blieb ganz hinten stehen und wollte nicht einmal seine Augen zum Himmel erheben, sondern schlug sich an die Brust und betete: Gott, sei mir Sünder gnädig!

14Ich sage euch: Dieser ging gerechtfertigt nach Hause zurück, der andere nicht. Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, wer sich aber selbst erniedrigt, wird erhöht werden.

 

 

Es gibt Worte, die zentrale Themen unseres christlichen Glaubens ansprechen und doch in der kirchlichen Praxis kaum eine Rolle spielen. Früher waren sie einmal wichtig, es war von ihnen oft die Rede. Vielleicht zu viel und zu oft! Doch heute führen sie ein Schattendasein. Es ist, als wären sie aus der Mode gekommen. Das Wort „Sünde“ gehört meines Erachtens dazu.

 

In Katechese und Religionsunterricht ist von „Sünde“ heutzutage eher unter ferner liefen die Rede. Bei der Eröffnung der Eucharistiefeier wird das Schuldbekenntnis recht selten genommen. Man bevorzugt andere Formen des Bußaktes. Den Text „Ich habe gesündigt in Gedanken, Worten und Werken“ versucht man zu umgehen. Will man ihn der Gemeinde nicht zumuten? Keine andere Sakramenten-Praxis ist so sehr in die Krise geraten wie die Beichte. Und eine Gemeindereferentin sagte einmal: „Die Kirche sollte ganz auf das Wort ‚Sünde‘ verzichten, ‚Fehler‘ klingt besser.“ Fallen wir von einem Extrem ins andere?

 

Doch immer, wenn ein kirchlicher Sprachgebrauch versandet, sprudeln die Begriffe an anderer Stelle wieder hoch. So auch das Wort „Sünde“. Es begegnet uns täglich, in profanen, oft alltäglichen und banalen Zusammenhängen. Zum Beispiel: Jemand will abnehmen, versucht Diät zu halten, hat sich aber doch ein Stück Kuchen gegönnt und sagt mit einem entschuldigenden Lächeln: „Heute habe ich wieder einmal gesündigt.“ Die Polizei richtet Radarfallen ein, um „Temposünder“ zu erwischen, die dann in der vom Volksmund so genannten „Verkehrssünderkartei“ registriert werden. Wer ein Bannkonto in Lichtenstein hat, gerät rasch in den Verdacht, ein „Steuersünder“ zu sein. Selbst große, nicht gerade für kirchliche Nähe bekannte Zeitungen benutzen dieses Wort. Ob den Redakteuren klar ist, dass mit „Sünde“ nicht ein Verstoß gegen Steuergesetze, sondern eine Abkehr von Gott gemeint ist?

 

Doch auch wenn Gott erwähnt wird, ist die Rede oft banal. „Kleine Sünden“, sagt das Sprichwort, „bestraft der liebe Gott sofort“. Und mancher wird sich noch an den Karnevalsschlager erinnern: „Wir sind alle kleine Sünderlein, `s war immer so, `s war immer so. Der Herrgott wird es uns bestimmt verzeih‘n, `s war immer, immer so.“ – Sollte sich die Kirche angesichts dieses Befundes nicht tatsächlich vom Begriff der Sünde verabschieden?

 

Nein! Nicht, wenn sie dem Evangelium treu bleiben will.

Im Gleichnis vom Pharisäer und vom Zöllner wendet sich Jesus ausdrücklich an jene, „die von ihrer eigenen Gerechtigkeit überzeugt waren“, die sich auf der sicheren Seite wähnen, die Umkehr und Vergebung nicht nötig haben, für die Sünde kein Thema ist, weil sie sich ohnehin zu den Guten rechnen. Er wendet sich an jene, „die andere verachteten“, die Sünden, wenn überhaupt, nur bei anderen registrieren.

 

Ihnen stellt Jesus den Zöllner vor Augen, der sich bewusst ist, dass er Gottes Ansprüchen nicht genügen kann. Der nicht aus eigener Kraft und Anstrengung vor Gott gerecht sein kann. Der weiß, dass er ganz und gar auf Gottes Erbarmen angewiesen ist, und der dies vor Gott auch ausspricht. Und diese Haltung, sagt Jesus, macht ihn gerecht.

 

Ein tröstliches Evangelium! Gott verlangt von mir keine religiösen Leistungen. Ich muss kein Superchrist sein, perfekt und tadellos. Wer sich selbst kennt, sich selbst realistisch einschätzt und sich nichts vormacht, derjenige, der noch demütig an seine Brust zu klopfen vermag und sagen kann „Gott sei mir Sünder gnädig“, der ist ihm lieber als der, der sein Gutsein vor ihm ausbreitet, sich selbst beweihräuchert und auf andere herabblickt und Schlechtigkeit und Böses immer nur bei anderen sieht.

 

Bei der Berufung des Zöllners Levi sagt Jesus: „Ich bin gekommen, um die Sünder zu berufen, nicht die Gerechten!“ – Das Evangelium sagt mir: Hab Mut, Dich als Sünder vor Gott zu bekennen. Steh dazu und freu dich! Denn dich will Jesus retten.

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