Exerzitien mit P. Pius

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Von der Ich-Bezogenheit zur Gottes-Bezogenheit

(Predigt während der Eucharistiefeier bei kontemplativen Exerzitien)

 

Im Blick auf die Schar der Heiligen, deren Fest wir heute feiern, fällt mir auf, dass ihr Lebensweg längst nicht immer geradlinig verlief. Die Heiligkeit war ihnen keineswegs in die Wiege gelegt.

 

Es waren suchende Menschen. Sie hatten Fragen und Zweifel.

Ihr Lebensweg kannte oft auch Abwege, Umwege und Irrwege. Häufig gab es eine Phase der Reinigung und Läuterung und eine Zeit der Umkehr oder ein Umkehrerlebnis.

 

Und dann ein Leben lang immer wieder neue Ausrichtung und Hinwendung zu Gott, Abkehr von selbstherrlichem, und ruhmsüchtigem Streben, ein Loslassen eigenmächtiger Gedanken und selbstischer Ziele und immer wieder neu Hören auf Gottes Wort, Folgen seiner Weisung, Gehen auf seinen Wegen, Leben nach dem Evangelium.

Als Beispiel: Umkehrerfahrung bei Franziskus und Ignatius von Loyola.

 

Ein Mitbruder von mir hat in einer Predigt einmal gesagt:

„Die größte Hürde im Hindernislauf des Lebens ist das Ego.“

 

In der Tat: Wie gern und wie oft stellen wir uns selbst in den Mittelpunkt, rücken unsere Absichten ins rechte Licht, verteidigen vehement unseren Standpunkt, suchen den eigenen Vorteil, wollen unsere Ziele und Interessen unbedingt durchsetzen und sind dabei vielleicht auch manchmal rücksichtslos.

Eine Form der Ich-Bezogenheit ist der Eigensinn, auch wenn er noch nicht zur totalen Sturheit, zu Fanatismus oder gar zur Tyrannei ausgeartet ist.

 

Eine andere Form der Ich-Bezogenheit ist das viele und das allzu ängstliche Sorgen. Wir leben in einer Welt voller Ängste und Sorgen. Es sind immer „meine“ Gedanken, „meine“ Beschwernisse, „meine“ Sorgen, die ich mir mache.

Beim kontemplativen Gebet können wir erfahren, wie sehr wir in Gedanken leben. Wir geraten ins Grübeln, ins Phantasieren. Wir fangen an zu dösen und zu träumen.

Nicht dass es schlecht wäre oder nicht notwendig, sich Gedanken zu machen, aber beim kontemplativen Gebet sollen wir versuchen, ganz im Schauen und in der Wahrnehmung zu sein, ganz in der Gegenwart. Ganz gegenwärtig vor dem und in dem, der da ist, mir näher als ich mir selbst.

Verweilen in SEINER Gegenwart, das meint kontemplatives Beten. Und doch stürzt oft eine Flut von Gedanken auf uns ein. Wir haben unzählige Abschweifungen und Zerstreuungen.

Wie damit umgehen? Sich immer wieder zurückholen in die Gegenwart Gottes, die Atembewegung wieder wahrnehmen, mein Wort (z.B. das Jesusgebet) wieder aufnehmen.

 

Draußen vor unserem Meditationsraum hängt eine sehr hilfreiche und gleichzeitig tröstliche Weisung vom hl. Franz von Sales:

„Wenn dein Herz wandert oder leidet, bring es behutsam an seinen Platz zurück und versetz es sanft in die Gegenwart deines Herrn. Und wenn du nichts getan hast in deinem ganzen Leben außer dein Herz zurückzuholen und in die Gegenwart Gottes u versetzen, obgleich es jedes Mal wieder davonlief, nachdem du es zurückgeholt hast, dann hast du dein Leben erfüllt.“

 

Doch zurück zur Ichbezogenheit: Die hl. Schrift und die Theologie kennt vor allem drei Gruppen von Ich-Bezogenheit: die Habsucht, die Machtsucht und die Ehrsucht.

 

Aber diese Formen der Ich-Bezogenheit können sich wandeln in Du-Bezogenheit zu den Mitmenschen hin und in Du-Bezogenheit zu Gott hin.

 

Aus der Habsucht kann Teilen, Geben, Schenken werden.

Machtsucht kann sich in Dasein-für-andere verändern, in Solidarität und Dienstbereitschaft.

Ehrsucht verwandelt sich in Ehrfurcht, Achtung und Anerkennung. – Es geht nicht mehr nur um mich, das liebe Ich steht nicht mehr allein im Vordergrund, sondern es geht um die Begegnung mit dem Du.

Martin Buber sagt: „Der Mensch wird am Du zum Ich.“

Und: „Alles wirkliche Leben ist Begegnung.“

 

Im Blick auf das Du Gottes kann aus der Habsucht Hingabe werden. Die Machtsucht wird auf Gott hin gesehen Gottesdienst. Und die Ehrsucht wandelt sich in Anbetung und Gotteslob.

 

Um diese Wandlung können wir beten, wir können sie von Gott erbitten, dass er sie uns schenkt, dass er unser Herz in seiner Liebe umgestalte, dass er unser Herz nach dem Herzen Jesu bilde. Und im Alltag können wir diese Wandlung immer wieder einüben. Der Alltag ist das eigentliche Übungsfeld.

 

Von der Benediktinerin Kyrilla Spieker stammt das Wort:

„Greifen und Festhalten kann ich seit meiner Geburt.

Teilen und Schenken musste ich lernen. Jetzt übe ich das Lassen“

 

Auch in dem bekannten Gebet des Nikolaus von Flüe bitten wir um diese Umgestaltung, weg von der Ich-Bezogenheit hin zur Ausrichtung auf Gott bis hin zur gänzlichen Übergabe und Ganzhingabe: „Mein Herr und mein Gott, nimm alles von mir, was mich hindert zu dir! Mein Herr und mein Gott, gib alles mir, was mich fördert zu dir! Mein Herr und mein Gott, nimm mich mir und gib mich ganz zu eigen dir!“

 

Worum es geht, lässt sich auch sehr schön am Gebet des Herrn ablesen und erkennen.

Jesus lehrt uns habsüchtige Menschen beten: „Dein Reich komme“. Also nicht mein Reich, o Herr, sondern dein Reich möge sich unter uns entfalten. Deine Herrschaft soll gelten.

 

Manchmal wollen wir unseren Willen unbedingt durchsetzen. Wir sind machtsüchtig und drängen ihn anderen auf. Jesus lehrt uns beten: „Nicht mein Wille, o Herr, soll geschehen, sondern der deine.“

 

Vor allem beten wir: „Nicht mein Name, o Herr, sondern dein Name werde geheiligt.“ Wir suchen nicht mehr ehrsüchtig nur unseren Ruhm, unsere Ehre, unser Ansehen, sondern die Ehre und Verherrlichung Gottes.

 

Als wäre das noch nicht genug wiederholen wir diese drei Elemente der Gott-Bezogenheit noch einmal: „Denn dein ist das Reich (Besitz) und die Kraft (Macht) und die Herrlichkeit (Ehre)“.

 

Beeindruckend und beispielhaft finde ich die Haltung und Einstellung der Gottesmutter. Zwar überlegt Maria auch, sie fragt auch nach. Doch das Gespräch des Engels endet mit ihrem Ja-Wort, mit ihrer Hingabe: „Ich bin die Magd des Herrn, mir geschehe…“

Anschließend macht sich Maria auf den Weg zu Elisabeth, um ihr zu dienen und singt das schönste Loblied, das Magnifikat.

 

Hingabe, Dienstbereitschaft, Gotteslob, das sind die drei elementa­ren Ausdrucksformen der Bezogenheit des Menschen zu Gott.

 

Habsucht, Machtsucht, Ehrsucht kann auch unser Beten prägen.

Wir sollen und dürfen natürlich bitten – Jesus ermuntert uns dazu. Aber wie oft kreisen wir in unserem Beten nur um uns selbst? Wie oft sind unsere Bittgebete ein egozentrisches Haben-und von Gott Etwas-bekommen-Wollen? Es geht uns gar nicht um Gott, sondern um uns selbst. Das Wesentliche im Gebet ist dagegen Hingabe.

 

Oft wollen wir auch vom Gottesdienst etwas haben, er soll uns etwas bringen. Wir wollen zur Ruhe kommen, abschalten. Wir wollen eine gute Predigt hören, uns an schönen Liedern und am Orgelspiel erfreuen oder einfach „religiöse Bedürfnisse“, die wir haben, befriedigen.

So stehen unsere Wünsche, Probleme, Bedürfnisse im Vordergrund. Wir stellen uns gleichsam selbst in die Mitte.

In der Liturgie, besonders auch in der hl. Eucharistie, steht aber Gott im Zentrum. Es geht darum, Gott selbst zu suchen – sozusagen um seiner selbst willen – nicht wegen seiner Gaben.

Allein Gott zu suchen und darauf zu vertrauen, dass er uns alles nötige dazu schenkt (Mt 6, 33), das ist Kontemplation.

 

Sich Gott hingeben, Gott dienen, Gott loben kann man mit Worten oder auch mit Handlungen. Hingabe an Gott, Gott dienen, Gott loben kann man aber auch mit dem Sein. Einfach für Gott da sein.

Kontemplatives Gebet ist Hingabe, Gottesdienst und Gotteslob mit dem Sein. Für Gott da sein, vor dem und in dem, der da ist. Das ist unser Weg. Das üben wir in diesen Exerzitien.

 

 

Die Predigt nimmt Gedanken auf, z.T. auch wörtliche Zitate, aus dem Buch „Kontemplative Exerzitien“ von P. Franz Jalics, SJ, Seite 97 - 106

 

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