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		In der Nähe von Garmisch-Partenkirchen 
		gibt es einen schönen Wanderweg, den sogenannten „Philosophenweg“.
		 
		„Philosophenweg“ 
		deshalb, weil es längs dieses Weges immer wieder Sitzbänke gibt, auf 
		denen Sprüche von Philosophen angebracht sind. – Als ich im letzten Jahr 
		diesen Weg wieder einmal ging, war eine Bank neu hinzugekommen, 
		allerdings fehlte der Philosophenspruch. Dafür hatte irgendjemand 
		folgenden Spruch auf die Bank geschrieben:    
		
		„Dankbar rückwärts, mutig vorwärts, 
		gläubig aufwärts.“   
		Das Wort hat mir gefallen. Es ließ mich 
		innehalten. Es hat mich zur Besinnung angeregt: „Dankbar rückwärts, 
		mutig vorwärts, gläubig aufwärts.“ Ich muss ehrlich sagen, dieses 
		Wort hat mich mehr nachdenklich gemacht als die meisten 
		Philosophensprüche. Erst später habe ich herausgefunden, dass dieses „Dankbar rückwärts, mutig vorwärts, gläubig aufwärts“ das 
		Lebensmotto von F. J. Strauß war, dem ehemaligen bayrischen 
		Ministerpräsidenten.  
		  
		
		„Dankbar rückwärts, mutig vorwärts, 
		gläubig aufwärts.“ 
		Ob Sie, verehrte Frauen und Männer vom 
		Jahrgang 38, mit diesem Wort etwas anfangen können? Ob Sie sich am 
		heutigen Tag vielleicht sogar in diesem Wort wiederfinden und sich damit 
		identifizieren können?  
		
		„Dankbar rückwärts, mutig vorwärts, 
		gläubig aufwärts.“ 
		Meines Erachtens passt dieses Wort ganz 
		gut zum heutigen Tag.  
		  
		
		Klassentreffen, 75 Lebensjahre: 
		
		Da 
		hält man inne und schaut zurück, hoffentlich nicht enttäuscht und 
		resigniert, sondern dankbar: Dankbar rückwärts. 
		 
		  
		
		Man 
		hält inne und schaut auch nach vorne, hoffentlich nicht verzagt und 
		pessimistisch, sondern mutig und zuversichtlich: Mutig vorwärts.  
		  
		
		Man 
		hält inne und schaut auch nach oben, zumindest als getaufter Christ, als 
		gläubiger Mensch. Vielleicht geht man auch, wie Sie es heute tun, in die 
		Kirche. Man feiert das Ereignis in einen Gottesdienst, hoffentlich nicht 
		nur pflichtgemäß, weil es halt so üblich ist, sondern überzeugt, innig, 
		von Herzen, gläubig: Gläubig aufwärts. 
		  
		
		1. Dankbar rückwärts schauen 
		
		75 Lebensjahre:  
		Eine lange Zeit, wenn sie vor einem 
		liegt. Und doch wie schnell vergangen, wenn man zurückblickt. Niemand 
		wird das heute mehr empfinden als Sie vom Jahrgang 1938. 
		  
		Wenn Sie auf Ihr Leben zurückblicken: auf 
		die Jahre der Kindheit und Jugend, die noch überschattet waren von Krieg 
		und Nachkriegszeit, wenn Sie zurückblicken auf Einschulung, 
		Erstkommunion, Firmung, Schulentlassung, wenn Sie zurückblicken auf 
		Ihren Hochzeitstag, auf die Jahre der Arbeit im Beruf und Zuhause, wenn 
		Sie auf Ihre Kinder und Enkelkinder schauen, auf Familienfeste, wenn Sie 
		sich erinnern an schöne und traurige Ereignisse, dann werden Sie sich 
		fragen: Wo ist die Zeit geblieben? 
		  
		75 Lebensjahre:  
		All diese Jahre gehören der Vergangenheit 
		an. Wir können sie nicht zurückholen. Aber wir dürfen sie getrost in die 
		Hände Gottes legen. Wir dürfen alles getrost in seine Barmherzigkeit 
		geben.  
		  
		
		75 Lebensjahre:  
		Es waren bestimmt gefüllte Jahre, gefüllt 
		mit allem, was das Leben ausmacht, Freude und Leid, Hoffnungen und 
		Sorgen. Ich hoffe und wünsche, dass heute, trotz allem Schweren und 
		Leidvollen, das es gewiss auch gab, der Dank überwiegt. Ich hoffe und 
		wünsche, dass Sie heute nicht griesgrämig und verbittert rückwärts 
		schauen, sondern es wirklich dankbar tun. In dieser Stunde gilt unser 
		Dank vor allem Gott.  
		
		Sagen Sie es selbst und erzählen Sie es Ihren Kindern: „In wieviel Not hat nicht der gnädige Gott über uns 
		Flügel gebreitet?“  
		  
		
		2. Mutig vorwärts schauen 
		An einem solchen Tag wie heute hält man 
		nicht nur inne und schaut zurück. Der Blick geht auch nach vorn. 
		Niemand weiß, was die Zukunft bringt. 
		Niemand weiß, wie viele Jahre Ihnen noch gegeben sind. Ich bin auch 
		nicht der Geheimsekretär Gottes. Wie es weitergeht und was noch kommt, 
		weiß Gott allein. ER ist der Herr der Zeit. ER hat schon geplant. 
		  
		Und doch werden an einem solchen Tag wie 
		heute auch Hoffnungen wach und Wünsche werden ausgesprochen: Gesundheit, 
		ein langes Leben, Wohlergehen, Glück und Freude, Sinn und Ziel. 
		  
		Allerdings, 75 Lebensjahre 
		hinterlassen auch ihre Spuren. Manches geht nicht mehr so wie mit 50 
		oder 60. Man spürt die Last der Jahre. Beschwerden kommen, 
		Altersgebrechen stellen sich ein. Man muss langsamer machen. Man braucht 
		mehr Pausen.  
		Eines jedoch ist gewiss: Gott verlässt 
		uns nicht.  
		Gott ist da. ER führt und leitet. IHM 
		dürfen wir uns anvertrauen. Darum: Mutig vorwärts! Jedes Jahr, jeder Tag 
		ist ein Geschenk. 
		  
		
		3. Gläubig aufwärts schauen 
		Ich weiß, viele tun sich heute schwer mit 
		dem Glauben. Viele meinen, es geht auch ohne Gott. Viele wenden ihm und 
		der Kirche den Rücken zu.  
		„Gläubig aufwärts.“ 
		Gläubig!  
		Glaube ich an Gott? Rechne ich mit Gott? 
		Ist Gott eine Realität in meinem Leben? Glaube ich, dass Gott da ist und 
		alle Wege mitgeht? Glaube ich, dass Gott mich liebt und führt? Oder lebe 
		ich mehr oder weniger gott-vergessen, gott-los, praktisch atheistisch, 
		so als ob es Gott nicht gäbe?  
		  
		„Gläubig aufwärts“, 
		das bedeutet: Immer wieder einmal die Hände falten, zu Gott aufschauen, 
		das Herz zu IHM erheben. 
		„Gläubig aufwärts“, 
		das bedeutet: Auf Gott vertrauen, alles in seine Hände legen und alles 
		aus seinen Händen annehmen.  
		„Gläubig aufwärts“, 
		das heißt auch: Sich unter den Segen Gottes stellen. Wissen: An Gottes 
		Segen ist alles gelegen.  
		„Gläubig aufwärts“, 
		das heißt: „Dem Leben trauen, weil Gott es mit uns lebt“ (A. 
		Delp, SJ). Ja, „Gott ist mit uns am Abend und am Morgen und 
		ganz gewiss an jedem neuen Tag!“ (D. Bonhoeffer) 
		  
		„Dankbar rückwärts, mutig vorwärts, 
		gläubig aufwärts“.  
		
		Vergessen wir aber auch nicht, liebe Schwestern und Brüder, „liebend seitwärts“ 
		zu schauen! Ein bisschen mehr „Wir“ und weniger „Ich“. Ein bisschen mehr 
		Liebe und weniger Streit.  
		  
		Liebend seitwärts 
		Das ist die Blickrichtung, die ich bei 
		dem Spruch auf der Bank am Philosophenweg in Garmisch vermisse. Das ist 
		die Dimension, die mir darum auch beim Lebensmotto von F. J. Strauß 
		fehlt, die ich aber für ganz wichtig halte und die meines Erachtens 
		dazugehört, wenn unser Leben gelingen, wenn es glücken und wenn es seine 
		Erfüllung finden soll.  
		„Wer geliebt wird und Liebe erwidern kann, ist der glücklichste Mensch 
		auf der Welt“, 
		sagt Mutter Teresa von Kalkutta. 
		  
		
		Liebend seitwärts. 
		Am Schluss unseres Lebens wird es die 
		Liebe sein, nach der wir gefragt werden. Allein die Liebe zählt. 
		  
		
		Also: „Dankbar rückwärts, mutig vorwärts, 
		liebend seitwärts und gläubig aufwärts!“ 
		Dann stimmt die Richtung. Dann wird’s 
		gut. Dann wird unser Leben seine Vollendung finden im ewigen Leben, in 
		Gottes Herrlichkeit, in seinem Licht, in seinem Glück, in seinem 
		Frieden.  
		  
		
		Liebe Schwestern und Brüder! 
		 
		Unser Leben ist eine Reise, ein Pilgerweg 
		zu Gott.  
		Verlieren wir das Ziel nicht aus den 
		Augen!  
		  
		In 
		einem Kirchenlied heißt es: „Wir sind nur Gast auf Erden und wandern 
		ohne Ruh mit mancherlei Beschwerden der ewigen Heimat zu.“ Und 
		Augustinus sagt: „Unruhig ist unser Herz, bis 
		es Ruhe findet in Gott.“ 
		
		 
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