Exerzitien mit P. Pius

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Jahresrückblick 2001

 

Bad Mergentheim, 17.12.2001

 

Erwacht und singt in der Nacht;

Es kommt das göttliche Wort, der Sohn,

der Himmel und Erde gemacht, vom Thron

in unsere Zeit und Niedrigkeit.

 

Erhebt euch, Menschen und gebt ihm Ehr‘,

der über das All ward gesetzt,

dem Kyrios Christ, der lebt im Jetzt

von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen

                                                           Stundenbuch

 

Der „Sonntag der Freude“ ist vorüber. Und nur noch wenige Tage sind es bis Weihnachten. Ich will mich darauf vorbereiten. Dazu gehört auch die Weihnachtspost. Ich denke an liebe Menschen in nah und fern, Menschen, die mir wichtig sind, mit denen ich und die mit mir in Verbindung stehen. Ich durfte wieder viele Zeichen der Verbun­denheit und Wertschätzung erfahren. Dafür bin ich sehr dankbar.

 

Einen großen und wichtigen Schritt der inneren Vorbereitung auf Weihnachten zu konnte ich dieses Jahr durch Exerzitien tun, die ich Anfang Dezember mitgemacht habe. Es handelte sich um 8-tägige „kontemplative Exerzitien“ bei Pater Franz Jalics SJ im Haus Gries bei Kronach in Oberfranken. Nachdem ich selbst zwei Dutzend Exerzitienkurse in diesem Jahr gegeben hatte, sehnte ich mich danach, selbst an Exerzitien teilnehmen zu können. Und ich spüre, die Tage der Stille, des Schweigens, die umfangreichen und intensiven Gebetszeiten (inneres Beten, Jesusgebet), längere Spaziergänge und kleine Wanderungen in der ruhigen und schönen Umgebung des Frankenwaldes und zu guter Letzt der Empfang des Bußsakramentes haben mir gut getan, haben mich Erneuerung und Klarheit finden lassen, haben mich schöpfen lassen an Quellen des Heiles, die in unserer Kirche so reichlich fließen. Innerer Friede, große Ruhe und mehr Gelassenheit ist bei mir eingekehrt. Ich möchte sie bewahren und versuche auch im Alltag wieder neu in der Gegenwart Gottes zu leben.

 

Auch ein Jahr neigt sich dem Ende zu. Wie uns alle, so hat auch mich der 11. September geschockt, ratlos und traurig gemacht. So etwas Schreckliches haben wir lange nicht gesehen und erlebt. Mein Mitgefühl galt und gilt Amerika und den Opfern. Ich finde es auch richtig und wichtig, dass die für die Terroranschläge Verantwortlichen verfolgt, zur Rechenschaft gezogen, verurteilt und bestraft werden. Gott sei Dank sind übereilte panische Reaktionen und Kurzschlusshandlungen ausgeblieben. Gleichzeitig bin ich besorgt über die militärischen Aktionen. Glauben wir denn allen Ernstes, dass der Terrorismus nachhaltig durch Bomben und Krieg besiegt werden kann, die immer auch viele Unschuldige treffen. Ich bezweifle, ob das weltweite Terrornetz so zerstört werden und der Sumpf des Terrorismus damit trocken gelegt werden kann. Oder ob damit nicht neu Leid und Not und Tot hinzugefügt und neuer Hass erzeugt wird. Ich glaube, diese Art Terrorismus hat viel tiefere Ursachen. Ich denke, er hat auch zu tun mit den krassen Gegensätzen  von Überfluss und Hunger, reich und arm, Wohlstand und himmelschreiender Not. Es wird Zeit, dass wir aufhören, diese Gegensätze zu verschärfen und die Gräben zu vertiefen. Es wird Zeit der Unterdrückung und dem Elend ganzer Völker ein Ende zu machen. Es wird Zeit, dass wir anfangen, einander Schwestern und Brüder zu sein. Wir brauchen Gottes guten, Gottes heiligen Geist - und müssen fest darum beten -, der uns hilft den Kreislauf des Bösen und die Eskalation von Rache und Vergeltung zu durchbrechen, der uns hilft, das Bewusstsein der Verantwortung füreinander zu stärken, der uns hilft, die Möglichkeiten jenseits der Gewalt auszuschöpfen und alles zu tun, was dem Frieden und der Versöhnung dient.

 

Martin Luther King hat einmal gesagt: „Durch Gewalt tötest du den Hasser, aber du tötest nicht den Hass. Im Gegenteil: Gewalt erzeugt nur noch mehr an Hass.

 

Nichts rechtfertigt den Terror gegen Amerika, dem Symbol für die freie Welt. Aber muss sich die freie Welt nicht schon fragen - müssen wir uns nicht fragen – was wir mit dieser Freiheit gemacht haben und auf Kosten wovon wir unseren Wohlstand leben? Die Zwillingstürme des World Trade Centers sind nicht gerade Symbole für eine gerechte Welt. Die Voraussetzung für Frieden heute ist aber Gerechtigkeit. Gerechtigkeit schafft Frieden. Noch einmal: nichts rechtfertigt Terror! Aber verstehen wir die Zeichen der Zeit? Wir reden von Globalisierung und meinen uns selbst. Unsere Welt zerbricht mehr und mehr in Habende und Habenichtse. Haben wir uns nicht in falsche Sicherheiten versponnen? Kein Scheckbuch, keine Aktie, kein Raketenabwehrsystem bewahrt uns vor dem Aufschrei der Armen, der Wut der Entrechteten, dem Terror der Verblendeten.

 

Und noch etwas:

Ich halte es für falsch und fatal, den Terrorismus zu einem typischen arabischen oder islamischen Problem zu erklären. Nicht erst Bin Laden, die Al Qauida und Komplizen haben die Welt verändert. Das Wurzelwerk des Hasses und der Gewalt greift, meine ich, tiefer. Es dringt in die Seele jeder Kultur und jedes Menschen. Wissen wir nicht um die Saatkörner der Gewalt und Brutalität, die allenthalben auch in unserer Gesellschaft gesät werden? Sind wir nicht alle anfällig und infiziert? Horrorfilme im Fernsehen, Schlägereien auf dem Schulhof, nationalistische Pamphlete im Internet, Kinderpornographie – die Liste ließe sich noch weiter fortführen - und wir zucken die Schultern.

 

Hat sich die Welt nach dem 11. September verändert? Haben wir uns verändert? Oder sind wir nicht schon längst wieder zum alten Trott und zur Tagesordnung zu­rückgekehrt? Werden wir Weihnachten ein wenig nachdenklicher feiern? Der Weihnachtswunsch „Friede auf Erden“ hat in diesem Jahr gewiss einen anderen Klang als in früheren Jahren.

 

Im Blick auf Weihnachten kommt mir die Frage: Gelten die Worte der Engel nicht gerade dieser friedlosen Welt, die sich (auch in Israel) so schwer tut mit Frieden und Versöhnung? Gelten die Worte des Weihnachtsevangeliums nicht gerade uns Menschen, die wir mit zahlreichen Spannungen und Dunkelheiten um uns und in uns leben, uns Menschen, die wir von Kälte, Enttäuschungen und vielfältiger Not gezeichnet sind? Und ist nicht Gott selbst in seinem Sohn Jesus Christus genau da hineingekommen und hineingegangen, wo wir leiden, schwach sind, Kälte und Dunkelheit erleben, Angst und Not erfahren, um bei uns zu sein und unser Leben, unser Schicksal mit uns zu teilen?

                                 

„S e h t  d a , E u e r  G o t t !

E r  s e l b s t  w i r d  k o m m e n

u n d  E u c h  r e t t e n !“  (Jes 15,5)

 In einem Hymnus des Stundenbuches stehen die Verse:

 

„Herr, du bist zur Welt gekommen,

hast sie in dich aufgenommen:

Dir sei Lob und Dank!

                                        

Bliebest hier, wohnst in ihr,

um ein armer Mensch wie wir

zu sein.

                                      

Herr, so lass dein Werk gelingen,

lass den Geist die Welt durchdringen:

Dir sei Lob und Dank!

                                      

Dann erblüht sie und glüht,

denn der ganze Himmel zieht herein.“

 

Am 24. Januar lädt Papst Johannes Paul II. zu einem interreligiösen Treffen nach Assisi ein. Vor 15 Jahren hat der Papst zum ersten Mal Vertreter der Weltreligionen in die Stadt des hl. Franziskus eingeladen, damals in der Zeit des kalten Krieges, der Nachrüstung und Atombewaffnung in einer nach Blöcken geteilten und Waffen starrenden Welt. Die Blöcke gibt es nicht mehr. Die Waffen werden zum Teil verschrottet. Ein großer Krieg, der die ganze Erde bedroht, ist unwahrscheinlich geworden. Aber es gibt viele, lokale Kriegsschauplätze und die weltpolitische Lage ist nach wie vor hochbrisant und nicht ungefährlich. Das haben uns die Ereignisse vom 11. September gezeigt, das sehen wir in Palästina, im Sudan, im Kosovo und vielen anderen Ländern, die wegen des alles in Bann ziehenden Afghanistan in den Hintergrund getreten oder sogar in Vergessenheit geraten sind.

Der Papst setzt ein Zeichen. Er vertraut auf die Kraft des Gebetes. Mag er persönlich auch noch so gebrechlich sein und körperlich leidend, nichtsdestotrotz ist er voller Kraft im Verfolgen von Visionen und Zielen, die für die Welt Hoffnung und Leben bedeuten.

 

 Die Nacht ist vorgedrungen,   

 der Tag ist nicht mehr fern.     

 So sei nun Lob gesungen,        

 dem hellen Morgenstern!

 

Auch wer zur Nacht geweinet,

der stimme froh mit ein.

Der Morgenstern bescheinet

Auch deine Angst und Pein.

 

 

Nun noch einige Informationen zu mir selbst: Es geht mir gut. Auch nach dem Provinzkapitel, das im Sommer stattfand und in dessen Folge es immer eine ganze Anzahl von Veränderungen und Versetzungen gibt, darf ich weiter in Bad Mergentheim bleiben und in der Exerzitienseelsorge tätig sein. Das freut mich. Ende November habe ich für mein vieles Unterwegssein auch ein neues Auto bekommen.

 

An einem ruhigen Abend habe ich die bereits feststehenden Termine, Veranstaltungen, Geburtstage usw. vom alten in den neuen Terminkalender übertragen. Mein Jahresprogramm 2002 lege ich diesem Weihnachtsbrief bei. Ich möchte auf unsere neue Telefonnummer, meine Durchwahl und Faxnummer, sowie E-Mail-Adresse und Hompage hinweisen, die auf dem Jahresprogramm stehen.

 

Von dem Jesuitenpater W. Ebersweiler stammt das Gebet:

„O wie tröstlich ist es doch, bester Vater, dass du meinen Kalender für das kommende Jahr schon längst und auf das Genaueste gemacht hast! So überlasse ich mich ganz deiner gütigen Vorsehung und will nur eine Sorge haben: deinen väterlichen Willen zu erkennen und zu erfüllen.“

 

Es gibt also beides: meinen Terminkalender und den Kalender Gottes, mein Jahresprogramm und das Programm Gottes. Ob unsere Termine und Programme übereinstimmen? Wichtig scheint mir, dass noch genügend Platz und Wirkraum ist für Gott.

So Gott will, kann ich am 5. Oktober nächsten Jahres meinen 50. Geburtstag feiern. Im übernächsten Jahr bin ich dann 25 Jahre Priester. Wie schnell doch die Zeit verrinnt! Ich danke Gott und bin froh für alle seine Gaben und Wohltaten, für seine große Güte und Liebe. Wie viel Gutes und Schönes bei allen Höhen und Tiefen, die es auch gab, durfte ich erfahren und weitergeben! IHM zur Ehre und vielen Menschen zum Segen will ich froh und bereit weiter meinen Dienst im Weinberg des Herrn tun, zu dem ER mich berufen hat. Ich erfahre es ständig neu, wie heilsam und hilfreich gerade auch die Einzelexerzitien sind, die ich mit Vorliebe gebe. Mir scheint, die Individualseelsorge wird heutzutage immer wichtiger, in einer Zeit, wo sich der Glaube mehr und mehr in einer Diasporasituation bewähren muss.

Was bewegt mich sonst noch oder ist mir wichtig geworden? Die Gewissheit der Gegenwart Gottes! Gott ist da. Er ist mir näher als ich mir selbst. Das Wahrnehmen und Verweilen in der Gegenwart Gottes in Gebet und Arbeit  gewinnt immer mehr an Bedeutung und Gewicht. Es gibt mir Halt und Kraft. Es heilt und befreit. Es gibt Mut und Vertrauen.

 

Wir wollen füreinander beten, dass die Feier der Menschwerdung unseres Herr und Gottes unseren Glauben an Seine Liebe zu uns stärkt und uns mit Freude und Friede, mit Kraft und Zuversicht  erfüllt!

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